Ihr Lieben,
ich lese als Gast schon eine Weile Eure Geschichten und bekomme mit, wie Ihr einander zuhört, Euch gegenseitig aufbaut und Unterstützung seid.
Berufsbedingt habe ich fast täglich mit den verschiedensten Suchterkrankungen zu tun und habe mich wie oft dabei erwischt, mich derselben Ausreden, Rechtfertigungen und Erklärungsversuchen zu bedienen.
Es ist verhältnismäßig einfach, den Suchtkranken die Hilfen an die Hand zu geben und Ihnen von Herzen zu wünschen, nach ihrer Zeit bei uns in eine Therapie und damit in die Chance auf ein suchtmittelfreies Leben zu starten. Aber kaum beschäftigt man sich mit der eigenen Abhängigkeit, erfüllt einen Panik bei dem Gedanken, diese Belastung des Rauchens abzulegen und rauchfrei zu leben.
Im letzten Jahr hatte ich bereits einen Anlauf gestartet. Ich hab über drei Monate "durchgehalten". Aber dann bekam ich heraus, dass mein Lebensgefährte mich bereits ein Jahr lang betrogen hat und sich daraufhin trennte. Ich hatte DEN Grund gefunden, mich endlich wieder an die einzig wahre Hilfe, die Zigarette, zu klammern (Bitte hier ein lautes Ironie-Knallen einbauen ;D )
Schwupp, seither sind wieder 9 Monate ins Land gegangen, in denen ich fleißig geraucht habe. Die Trennung ist überwunden, die Wunden geleckt und verheilt, ein erfolgreicher Neustart hingelegt. Die Kontrolle der Zigarette ist geblieben. Sie hat meinen Alltag mitbestimmt, mich bei strömendem Regen vor die Tür gejagt (ich habe noch nie in der Wohnung geraucht), lange Spiele mit meinen beiden Kindern unterbrochen, Auto- und Zugfahrten zu wahren Geduldsprüfungen werden lassen.
Und heute vor genau einer Woche habe ich abends meine letzte Zigarette geraucht. Ich habe mich von ihr verabschiedet und ihr alles Gute gewünscht.
Die Schmacht kommt und geht, lässt mich aber erstaunlich kalt. Ich habe nach wie vor Zigaretten zuhause, da ich glaube, es trotz dieser Zigaretten schaffen zu müssen. Ob das ein seltsamer Masochismus ist oder ob mir die Nähe der Zigaretten hilft, ihnen fern zu bleiben, weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass meine Kinder sich wahnsinnig darüber freuen, ihre Mama wieder zu haben und ich mich darüber, Zeit und Qualität gewonnen zu haben. Jeden Tag!