Hallo nochmal Leon,
vielen Dank für Deine ausführlichen und nachvollziehbaren Antworten.
Sicherlich gut zu wissen, daß Du zu diesen nochmals verstärkt aufwallenden Rauchgelüsten oder schwierig zu widerstehenden Gedanken um die drei Monate nach der letzten Zigarette neigst! Das gibt es nämlich tatsächlich, viele erleben nach so zweieinhalb bis vier Monaten nach dem Rauchstopp nochmals verstärkte Schmacht oder erneut aufdringliche Gedanken ans Rauchen. Das Problem um diesen Zeithorizont ist dann, daß erstens die Anfangseuphorie und der anfängliche Mut schon abgeklungen sind, zweitens daß man sturzfrustriert ist, weil es jetzt nochmal wieder kommt, obwohl es doch eigentlich schon ganz gut lief und drittens, daß es die Sucht so schafft, einem einzureden, daß sie einen für immer nerven kann.
Letzten Endes ist es im Normalfall "nur" nochmal ein letztes Aufbäumen der Sucht. Diese muß nochmal überstanden werden. Da funktionieren noch alle Workarounds, die Dir in der Entwöhnung auch geholfen haben. Ebenso, es Dir gut gehen zu lassen, Dich für das bisher erreichte immer wieder zu belohnen und auf Deine Bedürfnisse zu hören (außer rauchen natürlich, aber das ist auch nicht Dein Bedürfnis, sondern das der Sucht). Und das Wissen, daß diese Wellen nach zwei, drei, vier Monaten nochmal auftreten können, kann auch hilfreich sein: erstens bist Du nicht überrascht, kann Dich die Sucht damit nicht mehr erschrecken und verunsichern, und zweitens darfst Du davon ausgehen, daß nach dem Aussitzen dieser Drei-Monats-Krise merkbare Verbesserungen einsetzen. So haben es ganz viele erfahren, die das hatten, sei es in Form von nicht erklärbarem Unwohlsein oder wirklicher Schmachtstürme, ich selber übrigens auch: danach war die Entwöhnung vorbei! Möglicherweise ist es bei Dir auch so. Dieses Wissen, diese Analyse von Dir finde ich schon mal absolut hilfreich, damit kannst Du arbeiten, wenn es wieder auftritt, stimmts?
Wenn Du derzeit noch nicht ganz auf das haptische Erlebnis verzichten kannst, was in der Hand zu haben, da gibt es einen ganz banalen und im ersten Moment komisch anmutenden Trick: Schneide Dir mal einen Trinkhalm auf Zigarettenlänge zurecht und "rauche" durch diesen Luft. Es fühlt sich sehr ähnlich an und beruhigt auch die Schmacht, weil der körperliche Vorgang derselbe ist. Der Automatismus in Deinem Gehirn meint "ah, jetzt kommt gleich mein Suchtfutter" und regt sich ab. Bis es feststellt, daß da doch nichts kommt, ist der Peak der Schmacht längst überschritten. Und hey - ich sag immer, blöder als sich aus einer brennenden Rolle Gift in die Lungen zu inhalieren, ist es auch nicht, frische Luft durch eine reine Rolle zu inhalieren! Probiere es mal ruhig einfach mal aus, es fühlt sich echt nicht so seltsam an, wie es sich anhört.
Ja richtig, bis gestern warst Du absolut fremdbestimmt durch das Rauchen. Die Sucht hat Dir vorgeschrieben, wann Du wo zu sein hast um zu rauchen, wofür Du Dein Geld ausgibst, hat Dich in Zwängen gehalten. Die Annahme, daß Du Dir Deine Selbstkontrolle durch die Entwöhnung zurückholst, ist vollig korrekt! Mein Lotsenkollege Meikel formuliert es immer so: Du bist der Chef in Deinem Kopf. Hol Dir das zurück Leon!
Und ja, man kann sich schon mal übel fühlen, vor allem anfangs, wenn die Entgiftung läuft. Verstehe es so, daß in Deinem Körper was passiert. Daß er sich jetzt mit allem, was er hat, gegen Gifte und fremde Materialien zur Wehr setzt, ausschleust, entgiftet. Das ist für ihn auch harte Arbeit, klar bist Du dann müde. Dazu kommt das Anrollen der ganzen Umwälzungen des Stoffwechsels und der Körperfunktionen. Für den Körper Schwerstarbeit. Unterstütze ihn dabei ruhig. Bewegung und frische Luft sind super! Bitte trink auch genug Wasser, ungesüßte Tees, auch mal Fruchtsaftschorle, um Kreislauf, Blutdruck und Verdauung am Laufen zu halten, entzugsbedingtem leichten Unterzucker vorzubeugen und die Entgiftung zu unterstützen. Und bitte gestehe es Dir einfach mal zu. Was Du leistest, schafft schon mal, dann erlaube Dir, was Dir gut tut. Und sei stolz auf Dich Leon.
Wer stärker ist? Zieh das nicht in Zweifel. Du natürlich! Es geht nur drum, die richtigen Tricks zu kennen und zu nutzen, zu wissen, wann einen die Sucht tacklen kann und wie man dem vorbeugen kann. Daß Du stärker bist, weißt Du aufgrund Deiner bisherigen Durchläufe, Du hast ja immer schöne Zeiten geschafft! Der Rest ist doch Erfahrung und Feinschliff. Und ich mag Dich gerne einladen, immer dann, wenn Du das Gefühl hast, die Rauchlust meldet sich, sie hierher zu tragen. Dir Beistand zu holen und noch die Stärke des Forums dazu zu nutzen. Egal ob jetzt während der Entwöhnung oder auch später, das Forum hilft auch beim Durchhalten. Deal?
Viele Grüße und einen erfolgreichen Nachmittag von
Lydia