Grüß Dich Norbi,
ich finde Deine Frage auch berechtigt und interessant, sodaß ich auch einen Gedanken dazu hatte.
Andrea hat natürlich mit allem was sie schreibt Recht. Die Wirkungen des Passivrauchens sind nachgewiesen und nicht wegdiskutierbar. Und vielen Aufhörern fällt es, so wie Andrea, schwer, während der Entwöhnung oder zumindest deren früher Phase mit Rauchern zusammen zu sein, weil es zu viel Rauchverlangen triggert.
Dem möchte ich gern meine eigenen Erfahrungen anfügen. Ich hatte zwei ernsthafte Ausstiege mit mehrjährigen Phasen der Abstinenz (letzterer liegt in Kürze sieben Jahre zurück, also ich würde mal sagen, durchaus erfolgreich). Und gerade während der ersten Entwöhnung ließ sich die Gesellschaft von Rauchern manchmal ganz einfach nicht vermeiden (da war Rauchen noch in öffentlichen Räumen erlaubt - jahaaaaa, so lang ist das her - und da konnte man nicht auf einer Dienstbesprechung mal eben zum Abteilungsleiter sagen, machen Sie mal die Kippe aus...). Diese Gesellschaft war es in meinem Fall allerdings nie, die mir Rauchverlagen machte, ich konnte da höchst verwundert daneben stehen und spüren, wie ich nichts spürte. Es war auch nicht die Anweisenheit von Zigaretten oder Rauchern, die mich elf Jahre nach dem ersten Ausstieg wieder zurückwarf, das war meine eigene Blödheit, da war nicht mal Rauchgeruch in der Nähe.
Beobachte Dich also sehr genau: Warum gehst Du mit Deinem Bruder auf den Balkon? Der guten Gespräche wegen - wirklich nur? Oder hoffst Du oder peilst Du an, mal einen tiefen Schnauf Rauch abzubekommen? Bist Du einer jener Aufhörer, die es abkönnen, wenn jemand neben ihnen raucht, ohne gleich einen unwiderstehlichen Drang zu verspüren? Oder nutzt Du die Gesellschaft eines Rauchers eventuell, um Deinen Drang ein wenig zu befriedigen?
Im letzten Fall möchte ich Dich wirklich einladen, fürs erste mal einen großen Abstand zwischen Dich und Zigaretten zu bringen, denn wenn Du "workarounds" suchst, Schlupflöcher, um Dir Zigarettenrauch zuzuführen, geht es sicherlich ein bisschen in Richtung Selbstbeschummeln. Und das nährt die Sucht sicher weiterhin, denn bei der Entwöhnung geht es ja nicht nur um körperliche Abhängigkeit, sondern auch und vor allem darum, Dich geistig, seelisch und psychisch davon zu befreien. Und wenn Du schon spürst, daß Du auf diese Weise den Zigarettenrauch gern und dankend mitnimmst, befreist Du Deine Psyche nicht davon. Sondern im Gegenteil. Schmeißt ihr weitere Bröckchen hin. Und dann gibt die ja niemals Ruhe.
Wenn es bei Dir so ist wie bei mir, daß es nicht die Anwesenheit von Rauch ist, die Dir etwas gibt, sondern wirklich bloß die Gespräche und die Gesellschaft eines guten Menschen, dann... nimmst Du zwar immer noch Giftstoffe auf, das ist wie gesagt nachgewiesen und nicht wegzudiskutieren, macht Dir aber den psychischen Entzug nicht unmöglich. Denn das war er für mich unter den gegebenen Umständen auch nicht.
Höre einfach gut in Dich hinein und dann sei ehrlich zu Dir selbst.
Auf jeden Fall finde ich es großartig, daß Du dem Rauch entsagst. Du hast eine richtig gute Entscheidung getroffen, von der Du viel profitieren kannst und wirst, und ich beglückwünsche Dich zu bereits 6 Tagen ohne zu rauchen! Komm ruhig weiter jederzeit hierher und berichte von Deinen Erlebnissen und Erfahrung und kotz Dich richtig aus, sofern erforderlich (und oh ja, das kann erforderlich sein, das war es für mich, aber es tut gut, sich hier mitzuteilen und auch mal tragen zu lassen). Und natürlich meinen herzlichen Glückwunsch zum Abschluß Deines Studiums, das ist ja ganz großes Kino. Darf ich mich erkundigen, was Du studiert hast? Natürlich nur, wenn Du antworten magst, hier wird niemand verpflichtet, irgendwas von sich preiszugeben, was er nicht möchte.
Ich hoffe bald wieder von Dir zu lesen. Bis dahin viele Grüße und weiterhin gutes Rauchfrei-Gelingen von
Lydia