Hallo Kersten,
wie läuft Dein Rauchfrei-Tag 2? Ich hoffe es geht Dir soweit gut?
Ich habe bei Deinen Ausführungen was entdeckt, das ich gerne nochmal aufgreifen würde:
[quote="Kersten999"]
Sagst du dir: Okay, ich halte noch eine halbe Stunde aus? Und dann nochmal eine und nochmal eine?
Ich glaube, mein Problem ist, dass ich dann immer denke: Und wie halte ich das die nächsten 3,4,5 Tage aus. So als ob die "harten" Momente für ewig fortbestehen würden. Und die Vorstellung eine Woche so zu leben, ist echt hart. Mich würden wirklich deine konkreten Gedanken, interessieren.
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Weißt Du was, diese Gedankengänge erschrecken ganz viele Aufhörer. Dieses "von jetzt an und nie mehr", gepaart mit der (unbegründeten) Befürchtung, daß uns diese Sucht niemals in Ruhe lassen würde (die ich übrigens phasenweise auch hatte, die kann einen schon mal verunsichern), das kann einem Aufhörer schon mal ganz schön unüberwindlich vorkommen und - schlimmer noch - die Motivation und den Sinn des Unternehmens Rauchfrei infrage stellen. Also das kann ich Dir gut nachfühlen.
Da hilft es dann tatsächlich, die Entwöhnung in kleine Häppchen zu zerlegen. Wenn es Dir nicht behagt, Dir Gedanken über die Zukunft zu machen, dann versuche gerne, nicht weiter als bis zum Abend zu denken. Oder auch nur bis zum nächsten Schmachter. Diesen überstehen, um mehr geht es erstmal gar nicht. Nein danke, ich will jetzt nicht rauchen. Jetzt ablenken, jetzt ein Glas Wasser trinken, jetzt einen Kaugummi nehmen. Und gar nicht weiter denken. Jede Verlangensattacke hat ihre Spitze nach 30 Sekunden bis 3 Minuten überschritten, das heißt sie sind endlich (die Sucht braucht auch mal ne Verschnaufpause, sie ist keineswegs so ausdauernd wie sie Dich das glauben lassen möchte!). Oder Du stehst morgens mit dem Entschluß auf, heute nicht zu rauchen. Und egal wie der Tag läuft, heute wird nicht geraucht. Heute nicht. Du brauchst gar nicht an morgen, übermorgen, die Woche, die Zukunft denken. Sinn, über den möglichen Verlauf der Entwöhnung zu philosophieren, hat es ohnehin nicht, denn diesen vorherzusehen ist praktisch unmöglich, weil jeder seinen eigenen Entzug erlebt. Das ist ein sehr individueller Vorgang. Also warum daran Gedanken verschwenden.
Denke doch statt dessen darüber nach, was Du jetzt tun könntest, damit es Dir jetzt im Moment besser geht! Was tut Dir gut, was brauchst Du jetzt? Nimm Dir das Recht und die Zeit, auf Deine eigenen Bedürfnisse zu hören Kersten. Und geh ihnen nach, denn das sind Gedanken, die jetzt hilfreich sind. Das darfst Du, das steht Dir zu, Du leistest ja schließlich mit dem Ausstieg auch was, das absolut großartig und anerkennenswert ist, also mein ganzer Respekt ist Dir sicher. Also darfst Du dafür sorgen, daß es Dir dabei so gut wie möglich geht. Egal ob es jetzt ein Kaffee oder Tee ist, eine Duftkerze, ein Spaziergang, eine kleine Auszeit aus dem Tag, ein Schaumbad oder sonstwas ist.
Denkst Du, Du könntest mit dieser Denkweise was anfangen? Für viele ist dieses Vorgehen weniger erschreckend, sie können damit leichter aufhören. Könntest Du Dir vortellen, daß Dir diese Denkweise auch was gibt? Sie ist nämlich völlig legitim und ein probater workaround (eher thinkaround), um Dir die Entwöhnung nicht wie einen hohen Berg erscheinen zu lassen, über den man nicht drüberschauen kann. Aber dieser eine Tag, der nächste Schmachter, das ist überschaubar oder? Und dafür darfst Du Dich dann auch belohnen. Wie findest Du dieses Vorgehen?
Und ja, auch mir hat die Sucht zeitweise eingeredet, daß sie mich niiiiiiie mehr aus ihren Fängen lassen würde. Daß sie mich von jetzt an auf immer und ewig mit ihren Verlangensattacken verfolgen würde. Aber weißt Du was, das war gelogen. Ich spüre auch kein Verlangen mehr. Vielleicht mal eine Erinnerung an frühere Raucherzeiten, so ein Aufflackern von "da wäre doch jetzt früher mal was gewesen" (da muß ich dann fast schon grinsen - ach Du schon wieder!) , aber da kann ich mich sämtlichen Vorrednern anschließen: das ist kein Kampf mehr.
Ich wünsche Dir einen gelungenen Tag Kersten, und laß bitte gerne jederzeit von Dir hören (sich die Schmachter im Forum von der Seele schreiben ist z. B. auch eine ganz taugliche Akutmaßnahme, oftmals geht es danach schon besser). Viele Grüße und weiterhin viel Power und Optimismus sendet Dir
Lydia