Hallo Renate,
heute mittag bereits, habe ich deinen Beitrag aus der letzten Nacht gelesen. Dein sehr reflektiert geschriebener Beitrag hat mich tief berührt. Jetzt nehme ich mir sehr gerne die Zeit, dir zu antworten.
Ich habe viele Parallelen zu dir entdeckt. COPD, Lungenemphysem, auch meine Weltmeisterschaft im Verdrängen sind einige davon. Auch die 40 Stück ohne Filter. Als ich seinerzeit vom Lungendoc kam, die Diagnose in der Tasche, musste ich vor Schreck erstmal zwei rauchen, hintereinderweg. Aus heutiger, etwas klügerer Sicht natürlich ein Irrsinn. Du hast geschrieben, viele hören auf zu rauchen, aus Angst, schwerkrank zu werden. Ich gehörte nicht zu ihnen...
Ich habe nach Diagnosestellung noch ungefähr 10 Jahre weitergemacht, mit der systematischen Zerstörung meines Körpers, meines Lebens. Zum Erkenntnisprozess gehörte auch die Phase der Selbstvorwürfe. "Bin ja selber schuld, " so der Tenor. In dieser Zeit war ich dem Tod näher, als dem Leben. Ich wusste: wenn ich nicht elendig verrecke, würde ich den letzten Funken Energie dafür verwenden, meinem Leben ein Ende zu setzen. Ein fataler Teufelskreis, dessen Dynamik mir nicht mehr steuerbar erschien. Jetzt, wo ich darüber schreibe, erreicht meine Seele immer noch eine Gänsehaut, die zu spüren ich damals gar nicht mehr in der Lage war. Es war wie ein Alptraum, aus dem es kein Erwachen gibt.
Schnitt!
Heute ist die Verdrängung der Erkrankung COPD nicht mehr möglich.
Bei jedem Schritt, bei jedem Atemzug, wird sie mir bewusst gemacht. Wie du schon geschrieben hast, sind die Begleiterkrankungen, von denen jede Einzelne lebensbedrohlich ist, massiv. In diesem Zusammenhang gab es für mich eine gute und eine schlechte Nachricht:
Die schlechte? Laut Lungendoc beträgt meine Lebenserwartung noch 2 Jahre.
Die gute? Diese Arztmeinung ist drei Jahre her.
Nachdem ich den Facharzt gewechselt habe, hat mein neuer LuFa das deutlich relativiert. Die Lebenserwartung eines COPD-Patienten verkürzt sich im Durchschnitt um 5-7 Jahre. Damit kann ich sehr gut leben. Und ich habe mich dafür entschieden, "gut zu mir" zu sein! Meine Lebensmaxime ist es, zu sagen: 'Ich bin der wichtigste Mensch in meinem Leben'. Das verschafft mir unfassbare Energien, die ich wahrlich gut gebrauchen kann.
Wir COPD'ler neigen ja dazu, die Situationen zu vermeiden, die Atemnot auslösen. Quasi reflexartig. Atemnot ist fies. Ein Erstickungsanfall ist ein realer Horrorfilm. Wie wir wissen, ist COPD nach heutigem Stand, nicht heilbar. Es geht nur darum, die Lebensqualität zu fördern, bzw. zu erhalten. Das Tempo, in dem die Erkrankung fortschreitet, lässt sich beeinflussen.
Der über allem stehende, unausweichlich wichtiste Aspekt, ist der Rauchstopp!
Genauso wichtig ist es, in Bewegung zu bleiben. Sport-im Rahmen der Möglichkeiten-ist existenziell!
Mein tägliches Ergometertraining ist meine "Lebensversicherung".
Der lange weg dorthin, wo ich heute bin, auch das tiefe Tal der Tränen, haben mich dahingeführt, zu sagen:
"COPD... dir werde ich es zeigen!"
Liebe Renate, ich füge an dieser Stelle noch einen Beitrag ein, den ich in 2014 hier mal veröffentlicht hatte. Vielleicht kann dir die eine oder andere Information daraus helfen, deinen Blickwinkel zu erweitern. Ich freue mich sehr darauf, hier weiterhin von dir zu lesen. Wenn du möchtest, kannst du mich auch gerne jederzeit per PN antickern.
Weiterhin viel Kraft auf deinem Weg wünsche ich dir.
Dein Meikel
P. S. Hier noch der erwähnte Beitrag
Für alle die, denen die Folgen des Rauchens bereits gesundheitlich zugesetzt haben, die vielleicht wie ich an COPD, oder anderen, schweren Erkrankungen zu leiden haben, wurde damals dieser Thread ins Leben gerufen.
Aus "leichter-atmen" einer deutschsprachigen Seite im www.:
Lebensdauer mit COPD
Durchschnittlich verringert sich die Lebensdauer mit einer COPD um 5-7 Jahre. Vor allem der fortschreitende Verlust der Lungenfunktion wirkt sich negativ auf die Prognose aus, insbesondere der sogenannte FEV1-Wert. Dieser errechnet sich über die maximale Menge ausgeatmeter Luft in einer Sekunde.
Lebensbedrohliche Komplikationen können auch durch häufige Begleiterkrankungen der COPD entstehen, wie eine Rechtsherzschwäche, Diabetes oder Osteoporose. Patienten sollten sich deshalb auch mit den möglichen Folgeerkankungen einer COPD auseinandersetzen und sich informieren, worauf es zu achten gilt.
Lebenserwartung bei COPD erhöhen
Für COPD-Patienten ist es nie zu spät, die nachlassende Lungenfunktion aktiv zu bekämpfen. In jedem Stadium der Lungenkrankheit stehen Therapieoptionen zur Verfügung, die eine Verbesserung der Lebensqualität bewirken und die Prognose verbessern.
Aus [Link wurde vom rauchfrei-Team entfernt]:
Die Psyche der COPD-Patienten – ein unterschätztes Begleitphänomen
Wir wissen heute, dass die COPD nicht mehr nur als reine Lungenerkrankung anzusehen ist. Vielmehr beeinflussen eine Reihe von Begleitproblemen außerhalb der Lunge den Krankheitsverlauf und die Lebensqualität negativ und sind somit für die Gesamtbehandlung von Bedeutung.
Neben Veränderungen am Herz-Kreislaufsystem, der Muskulatur, dem Knochenskelett sowie Stoffwechselphänomenen spielen psychische Probleme wie Depression, Angst und Panikneigung eine wenig bedachte aber keinesfalls unbedeutende Rolle.
In früheren Untersuchungen wurde v. a. die Depression als Problem beleuchtet. Nach unserer Einschätzung sind im Einklang mit neueren Studien aber Angst- und Paniksymptome für viele an einer COPD Erkrankte noch gravierender. Neben der leicht nachvollziehbaren Bedeutung von Angst und Panik bei Atemnot leiden viele auch unter so genannten Progredienzängsten, d. h. es stellt sich oft die Frage: „wie geht es mit mir weiter“? Ängste, die sich auf die Endphase des Lebens beziehen, werden als „End of Life Ängste“ bezeichnet.
Mit Blick auf den Charakter und die Bedrohlichkeit des Hauptsymptoms Atemnot ist ein sich gegenseitiges Bedingen von körperlichem (Atemeinschränkung) und psychischem (Not beim Atmen) Befinden nicht überraschend. Atemnot, Angst und Depression können sich im Verlauf einer fortschreitenden COPD im Sinne eines sich selbst unterhaltenden Teufelskreises verselbstständigen.
Die körperliche Leistungslimitierung trägt im Verlauf oft zum Rückzug aus dem Alltagsleben und in der Folge zur sozialen Isolation bei, was wiederum Angst und Depression verstärken kann.
Studien zeigen, dass dadurch sowohl die unmittelbare Lebensqualität, aber auch die Infektanfälligkeit und die Anzahl an Krankenhausbehandlungen negativ geprägt werden.
Psychische Probleme – nicht nur ein Problem der fortgeschrittenen Stadien
Offenbar manifestieren sich Angst und Depression bereits in den frühen Stadien der COPD und erfahren bei zunehmendem Schweregrad keine wesentliche Verstärkung.
So konnte in einer umfangreichen schwedischen Studie gezeigt werden, dass das Ausmaß von Angst im Stadium I und II mit ca. 40% ebenso häufig war wie im Stadium III (38%) und im Stadium IV (40%). Das galt auch für depressive Probleme. Diese Ergebnisse konnten durch eine eigene Studie an 133 COPD-Patienten, von denen 99 im Stadium III-IV waren, bestätigt werden.
Die Lebensqualität wird durch das gleichzeitige Vorhandensein von Angst und Depression ganz wesentlich negativ geprägt.
Inwieweit der weitere klinische Verlauf einer COPD-Erkrankung durch Angst und Depression geprägt ist, zeigte sich in einer großen amerikanischen Studie (NETT, National Emphysema Treatment Trial). Hier konnte bei 610 Patienten mit einer Depression eine bedeutsame Zunahme der 1- und 3-Jahres-Sterblichkeit gesehen werden. Zudem war die Frequenz der Krankenhausbehandlungen im Jahr vor Beginn der Studie deutlich höher. Nicht zu vernachlässigen ist die negative Bedeutung psychischer Probleme bei COPD im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit. So zeigt sich bei Patienten mit Depression im Vergleich eine deutlich geringere 6-Minuten-Gehstrecke. Vielleicht fehlt bei vielen Betroffenen aber auch nur der Mut oder die Phantasie, körperlich noch etwas leisten zu können. Hier findet sich ein weiterer Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt.
Wann beginnt die Angst vor dem Ende?
COPD-Patienten machen sich offenbar bereits frühzeitig Gedanken zum Ende Ihres Lebens und zu ihrem Sterben. Wir konnten in einer eigenen, gerade veröffentlichten Studie eine hohe Quote von Patienten mit sogenannter „End of Life Ängsten“ identifizieren. Wir haben dabei auch nach den Inhalten dieser Ängste gefragt. Dabei kamen interessante, für uns erstaunliche Themen zum Vorschein. So spielte zum einen die Frage nach der Art des Sterbens und die Sorge, den unmittelbaren Mitmenschen, der Familie zur Last zu fallen, für viele Patienten eine große Rolle. Zum anderen wurden die Angst vor dem Ersticken oder vor Schmerzen als besonders wichtig angegeben. In der Realität spielt der Schmerz aber für die Mehrheit der COPD Patienten keine wirkliche Rolle. D. h. hier übersteigt offenbar die Angst vor der Zukunft die zu erwartende Wirklichkeit. Information kann hier weiterhelfen.
Befragt man COPD-Patienten, was sie von ihren behandelnden Ärzten erwarten, so finden sich in einer amerikanischen Studie Wünsche nach Angaben zu den Behandlungsmöglichkeiten, zur eigenen Prognose und auch zur Frage, wie das eigene Sterben aussehen wird. Solche Fragen werden in Deutschland kaum einmal formuliert. Da sind uns die Amerikaner noch etwas voraus, da sie wohl schon gelernt haben, über ihre Ängste zu sprechen und auch Antworten auf ihre Fragen einzufordern.