06. Feb 2025
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Körperliche Abhängigkeit

Das Wichtigste in Kürze

  • Nikotin macht abhängig.
  • Je mehr und je schneller das Nikotin über den Blutkreislauf in das Gehirn gelangt, desto stärker ist das Suchtpotenzial des nikotinhaltigen Produkts  
  • Durch die Abhängigkeit von Nikotin kann es nach dem Rauchstopp zu unangenehmen Entzugserscheinungen kommen. Diese Entzugserscheinungen sind aber in der Regel beherrschbar. 

Nervenzellen gewöhnen sich an „Nikotin-Zufuhr“

Rauchen macht – körperlich und psychisch – abhängig. Hauptsächlich verantwortlich für die körperliche Abhängigkeit ist das im Tabak oder im Liquid von E-Zigaretten enthaltene Nikotin, das über die Lunge aufgenommen wird und dann über den Blutkreislauf in das Gehirn gelangt. Dort trifft es auf chemische Andockstellen von Nervenzellen, auch „Rezeptoren“ genannt. 

Von diesen Rezeptoren gibt es unterschiedliche Typen im Gehirn, das Nikotin wirkt insbesondere auf die sogenannten „nikotinergen Acetylcholin-Rezeptoren“. Daraufhin werden vermehrt bestimmte chemische Botenstoffe im Gehirn freigesetzt, wie zum Beispiel Dopamin und Serotonin, was wiederum verschiedene psychische Auswirkungen zur Folge hat, die häufig als „Wohlgefühl“ zusammengefasst werden.

Schnell gewöhnen sich die Rezeptoren an die regelmäßige Nikotin-Zufuhr, sie werden unempfindlicher für das Nikotin. Deshalb wird mit der Zeit mehr Nikotin benötigt, um das gleiche Ausmaß an Wohlgefühl zu erreichen. Außerdem entstehen neue Rezeptoren, die nach Nikotin „verlangen“ und Entzugssymptome auslösen, wenn sie nicht „bedient“ werden. Über diese biologischen Prozesse entsteht die körperliche Abhängigkeit vom Rauchen.

Für das Suchtpotenzial einer Substanz ist zudem ausschlaggebend, wie schnell sie in das Gehirn gelangt: je schneller, umso größer ist das Suchtpotenzial. Beim Rauchen einer Zigarette erreicht das Nikotin – etwa im Vergleich zur Aufnahme per Nikotinkaugummi oder -pflaster – das Gehirn besonders schnell. Zigaretten machen deshalb besonders schnell und stark abhängig[DC1] . Auch der Konsum von E-Zigaretten kann Abhängigkeitssymptome erzeugen. Eine Ausarbeitung des Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) kommt bei dem Thema zu dem Schluss: „Möglicherweise haben E-Zigaretten ein geringeres Abhängigkeitspotenzial als

Tabakzigaretten und ein höheres als medizinische Nikotinersatzprodukte“. Außerdem weisen die Fachleute des DKFZ darauf hin, dass die Nikotinmenge und die Aromen das Abhängigkeitspotenzial „möglicherweise beeinflussen“. Um die Abhängigkeitsstärke von E-Zigaretten genauer und konkreter zu bestimmen, sind weitere Studien notwendig. 

Zusatzstoffe verstärken Nikotinwirkung

In der Zigarette wird das Suchtpotential des Nikotins durch die Beigabe von bestimmten Stoffen zusätzlich erhöht. So gelten Ammoniak, Tryptophan, Pyrazine und auch Zucker als Zusatzstoffe, die auf den Nikotinstoffwechsel einwirken und dadurch direkt oder indirekt die Wirkung des Nikotins verstärken. Ammoniak beispielsweise erhöht den pH-Wert des Tabaks und des Rauchs. Das hat wiederum zur Folge, dass das Nikotin besser verfügbar wird und leichter von den Zellen aufgenommen werden kann. 

Pyrazine haben eine leicht betäubende Wirkung auf den Rachenraum. Dadurch kann der Rauch tiefer inhaliert werden, so dass insgesamt mehr Nikotin in den Organismus gelangt. So hat jeder dieser Zusatzstoffe eine eigene „Helfer-Rolle“ bei der Verstärkung des Abhängigkeitspotentials von Nikotin.

Nikotin wird im Körper vergleichsweise schnell abgebaut. Insbesondere bei regelmäßigen Rauchern und Raucherinnen entsteht deshalb ziemlich bald das Verlangen, aus dieser „Unterversorgung“ mit Nikotin wieder herauszukommen. Denn der Nikotinmangel löst erste Entzugserscheinungen wie innere Unruhe oder Konzentrationsschwierigkeiten aus – die sich wieder einstellen, wenn erneut Nikotin zugeführt wird. Die abklingenden Entzugserscheinungen sorgen – im Vergleich zu dem Zustand vor dem Rauchen – für ein angenehmes Gefühl, das bis zur nächsten Nikotin-Unterversorgung anhält: ein Teufelskreis. Gleichzeitig sorgt das angenehme Gefühl dafür, dass Rauchende den Eindruck haben, dass das Rauchen eine entspannende Wirkung auf sie hat. 

Entzugserscheinungen: zum Teil sehr unangenehm, meist aber beherrschbar

Entzugssymptome sind deutliche Zeichen einer körperlichen Abhängigkeit. Sie setzen schon bald nach der letzten Zigarette ein und erreichen ihren Höhepunkt nach etwa zwei bis fünf Tagen. Unruhe oder Besorgnis, depressive Stimmung, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Nervosität oder Aggressivität, verminderte Konzentrationsfähigkeit, verlangsamter Puls und gesteigerter Appetit können unerwünschte Nebenwirkungen der Entwöhnung sein. Aber: Sie müssen nicht zwingend auftreten! Viele Menschen erleben während ihres Rauchstopp lediglich milde oder keine Entzugssymptome.

Grundsätzlich gilt: Entzugserscheinungen fallen individuell sehr unterschiedlich und vor allem in unterschiedlicher Intensität aus. Eine weitere gute Nachricht ist, dass die körperlichen Begleiterscheinungen einer Nikotinentwöhnung vergleichsweise schnell nachlassen. Bereits sieben bis zehn Tage nach der letzten Zigarette sind sie in der Regel deutlich abgemildert. Hartnäckiger und oftmals länger andauernd sind die Symptome der psychischen Abhängigkeit.

Entzugserscheinungen ist niemand hilflos ausgeliefert. Wenn Sie aufhören möchten zu rauchen, können Sie sich schon im Voraus gegen die möglichen Begleiterscheinungen des „Nichtmehr-Rauchens“ wappnen: Gönnen Sie sich in der ersten Zeit nach dem Rauchstopp viel Bewegung, regelmäßige Genuss-Einheiten, Entspannung und Ablenkung und trinken Sie ausreichend, z.B. ungesüßten Tee oder Wasser. Im rauchfrei Online-Ausstiegsprogramm finden Sie zahlreiche Tipps zur Vorbereitung Ihres Rauchstopps.

  • Batra A (2011) Pharmakokinetik des Nikotins. In: Singer MV, Batra A & Mann K, Alkohol und Tabak: Grundlagen und Folgeerkrankungen. Kapitel 2.5, Seiten 101–110, Georg Thieme Verlag, Stuttgart
  • Deutsches Krebsforschungszentrum (2020). Tabakatlas Deutschland 2020, online abrufbar unter:
  • Deutsches Krebsforschungszentrum (Hrsg.) (2005) Die Tabakindustriedokumente I: Chemische Veränderungen an Zigaretten und Tabakabhängigkeit. Band 3, Rote Reihe Tabakprävention und Tabakkontrolle, Heidelberg
  • Deutsches Krebsforschungszentrum (Hrsg.): Nikotin. Pharmakologische Wirkung und Entstehung der Abhängigkeit. Heidelberg, 2008
  • DiFranza JR, Savageau JA, Fletcher K et al. (2007) Susceptibility to nicotine dependence: the development and assessment of nicotine dependence in youth 2 study.Pediatrics, 120, 974–983
  • Kandel DB, Hu MC, Griesler PC et al. (2007) On the development of nicotine dependence in adolescence. Drug Alcohol Depend, 91, 26–39
  • Kriterien Tabakabhängigkeit bzw. „F17: Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak“ unter :
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