Hallo Angelika,
Entzug ist ein großes Ding, ein sehr großes, ein Unternehmen, das Du für Dich startest in einer Größenordnung, wie es wahrscheinlich noch nicht all zu oft vorgekommen ist.
Ich danke Dir für Deine Antworten und Fragen in meinem Thema. Da musste ich erst einmal drüber nachdenken.
Es war mir bisher nicht so bewusst, dass alles in erster Linie ( bei mir ist es so) reine Kopfsache ist.
Den Gedanken ans Aufhören habe ich schon seit mehreren Jahren im Kopf, aber bisher ging es nicht.
Es ging vor allem deshalb nicht, weil ich all meine Kraft zum Gesundwerden brauchte. Das bin ich zwar jetzt noch nicht ganz, aber immerhin so sehr, dass mich dieser ungesunde Anteil des Rauchens störte, kann doch nicht vor mir etwas neues aufbauen und gleichzeitig hinter mir alles einreißen....
Während dieser langen Zeit des Gesundwerdens habe ich eine Menge Techniken gelernt, alle möglichen Arten von Entspannungsverfahren, Körperübungen etc..... Und ich weiß jetzt, dass jeder für sich das passende Tool finden muss. Es gibt nicht die eine, allen gleichermaßen helfende Therapie.
Aber ich bin überzeugt, dass ohne die richtige "Spur" im Kopf, nichts gelingen kann.
Durch die Koppelung von Rauchen mit unzähligen sich immer wiederholenden Situationen, schlimmer noch psychischen Befindlichkeiten, haben wir alle eine 8-spurige Autobahn im Kopf - Rauchen. Der Weg ist so breit und mächtig, dass die vielen kleinen Nebenwege überhaupt nicht auffallen.
Bevor ich die Autobahn verlassen kann, muss ich mir die Trampelpfade im Urwald erstmal anschauen. Wo führen sie hin? Was erwartet mich dort? Wie fühlt es sich an? Wie fühle ich mich dabei? Wie riecht, schmeckt, duftet es dort? Und vor allem: finde ich es so schön da, dass ich jetzt immer diesen kleinen Weg nehmen will, ihn langsam austrete, ihn breiter und bequemer mache, vielleicht ein paar Aussichtstürme baue, von denen ich aus beobachten kann, wie die Autobahn, inzwischen stillgelegt, langsam von Unkraut überwuchert wird, zuwächst und nach und nach verschwindet.
Meine Erfahrung ist, ich kann ein Ziel erst erreichen, wenn ich es mir vorstellen kann. Sehr genau, sehr detailliert. Das geht nicht von heute auf morgen, das braucht mindestens drei Wochen Zeit, das muss ich üben, möglichst oft, möglichst täglich, idealerweise in einer der früheren Raucherpausen. Wenn ich mich dann irgendwann darauf freuen kann, den neuen Weg bis zum Ende zu gehen, mich etwas Schönes, das ich mir genau vorstellen kann, am Ziel erwartet, dann ist der Moment der Autobahnschließung gekommen.
So toll wie ich dieses Programm hier finde, meiner Meinung nach vernachlässigt es wichtige psychotherapeutische Methoden, die sehr hilfreich sein können. Hier ist alles auf kognitive Verhaltenstherapie ausgerichtet, und sehr viele Teilnehmer berichten über die unterschiedlichen Wahrnehmungen während des Entzugs. Der Körper, die erlernte Verhaltensweise verlangen nach dem Gift, der Kopf sagt "nein, du darfst nicht". Dieser Verzicht, den eine übergeordnete Instanz von uns fordert (auch wenn es nur das eigene schlechte Gewissen ist), würde mich z.B. zu einer Trotzreaktion veranlasse, trotzdem rauchen.
Es gibt ja noch nichtmal ein ordentliches Wort für das, was wir erreichen wollen. Negationen nehmen wir nicht wahr. Das Wort Nichtraucher enthält in der Wahrnehmung nur das Wort RAUCHEN, rauchfrei ist ebenso ein Unwort für mich. Rauchen hat nichts mit Freiheit zu tun und ich will nicht an Rauchen denken, wenn ich an mein Ziel denke.
Ich habe auch kein ordentliches Wort gefunden. Vielleicht sollten wir hier ein ganz neues erfinden????
Für mich persönlich ist "ich sorge für mich" noch am passendsten.
Die gleiche Art von Negation ist es auch, wenn der Entzug als Verzicht wahrgenommen wird. Das macht es unnötig schwer. In dem Moment, wo er zum Gewinn wird, wird alles leichter.
Ein schönes raucharmes Wochenende
Und LG von
Conbria