Hallo Seiltänzerin
natürlich ist es immer einfacher, Ratschläge zu erteilen, als selbst zu leiden und stark sein zu müssen.
Aber ich kann Deine Pein gut nachvollziehen, auch wenn ich schon etwas weiter bin als Du - nämlich an dem Punkt, wo mich das Verlangen nur noch selten und auch nicht mehr wirklich heftig anspringt.
Auch auf die Gefahr hin, dass Du und vielleicht auch andere mich nach den folgenden Zeilen als Spinner abtun, möchte ich, nachdem ich Deinen Post gelesen habe, meine jüngsten Gedanken zum Rauchstopp mit Dir teilen.
Zwei Aussagen sind mir in Deinem Post ganz besonders in Auge gesprungen: Erstens "hätte meine Oma zu mir gesagt" und zweitens "und dann verwandle ich mich in ein Baby". Beide Male betrachtest Du die Situation aus der Sicht eines Kindes. Und ja, ich glaube, dass uns die Sucht in der Tat wieder zu Kindern werden lässt. Das Gefühl der Hilflosigkeit, das Ausgeliefertsein. Wir kauern klein vor dem Suchtmonster, das uns befiehlt "RAUCH' JETZT EINE!".
Die erwachsene Seiltänzerin dagegen erkennt: "In letzter Zeit spüre ich SOFORT eine körperliche Verbesserung, wenn ich meinen Körper einen halben bis ganzen Tag vor dem Rauchen verschone. Das geht bei mir unheimlich schnell. Ich rieche dann so gut und ich merke wirklich stündlich, wie ich regeneriere. Das ist keine Einbildung. Mein Blut fließt besser und ich habe keine kalten Füße mehr. Ich fühle mich körperlich gestärkter, schon wenn ich nur mal 13 oder 16 Stunden nicht rauche."
Beides lebt in Dir, liebe Seiltänzerin: Das Wissen der Großen und die Angst der Kleinen. Das Gute ist: Die Große kann die Kleine an der Hand nehmen und für Sie da sein.
Vielleicht tippst Du Dir jetzt an die Stirn und denkst "der spinnt doch". Mag sein. Aber ich habe nach langem Nachdenken darüber festgestellt, dass unser inneres Kind in unserem Erwachsenen-Leben eine viel größere Rolle spielt, als wir annehmen. Und wenn wir akzeptieren können, dass es Anteile in uns gibt, die irrational und kindlich reagieren, dann können wir uns selbst auch in (Lebens)Situationen besser akzeptieren, wenn uns die Erwachsenenwelt Versagen vorwirft. Und Selbstakzeptanz ist die Voraussetzung für Selbstliebe. Ohne Selbstliebe aber fehlt dir die Kraft zum Rauchstopp.
Das zumindest glaube ich...
Wenn Du magst, dann denke drüber nach: Ist es die erwachsene Seiltänzerin, die weiterraucht? Nein, ich glaube, die will nicht mehr. Es ist die Kleine, die Angst hat, ohne Kippen dem Suchtmonster gegenübertreten zu müssen.
Falls Du Dir nicht blöd dabei vorkommst, dann versuche doch mal Folgendes: Setze Dich in Ruhe hin, schließe die Augen und stelle Dir die Seiltänzerin als Kind vor. Sei freundlich zu ihr, denn sie braucht das jetzt. Nimm sie an der Hand und mach ihr Mut. Sag ihr: "Hab keine Angst, das Rauchmonster kann Dir nichts tun. Und hab auch keine Angst vor der Angst, denn auch die kann dir nichts anhaben".
Dir alles Gute, lass Dich auf KEINEN FALL unterkriegen!
Volker