Guten Tag Bouba,
der Everest ist definitiv bezwingbar. Das haben schon so einige hier geschafft, das kannst Du auch, daran zweifle ich nicht.
Doch vielleicht macht es eine andere Denkweise ein wenig einfacher: Manchen Aufhörern hilft es sehr, sich nicht den ganzen Aufstieg vor Augen zu halten, sondern nur in kleinen Schritten zu denken. So wird zum Beispiel fest beschlossen, den nächsten Schmachtanfall rauchfrei zu überstehen. Oder morgens beim Aufstehen, heute nicht zu rauchen. Das ist in jedem Fall zu schaffen, meinst Du nicht auch? Einen Tag schafft man rauchfrei. Nur heute. Weiter denken wir erstmal gar nicht. Was morgen ist, wird morgen überdacht. Ich glaube, diese Denkweise macht es überschaubarer und weniger beängstigend als der Gedanke, ab jetzt nicht mehr zu rauchen und sich noch eine ganze Weile mit Entwöhnungswidrigkeiten herumschlagen zu müssen. Das ist wie mit der Besteigung des Mount Everest: Die Bergsteiger konzentrieren sich auch stets nur auf den nächsten Schritt, damit sie nicht abgleiten, sich überanstrengen oder verlaufen. Würde Dir diese Denke den Weg etwas leichter machen? Heute rauchst Du nicht - und das schaffst Du auch Bouba.
Viele Aufhörer spüren auch psychische Auswirkungen des Rauchstopps, so wie Du. Die Stimmung sinkt, viele fühlen sich betrübt, antriebslos und auch leicht nah am Wasser gebaut. Das ist ein unangenehmer Zustand, ich weiß Bouba. Doch vergehen wird er von selber. Er liegt nämlich daran, daß der Nikotinentzug die Gehirnchemie in Mitleidenschaft zieht. Das Nikotin hat die Funktion der körpereigenen Glücksbotenstoffe übernommen. Deshalb hat der Körper die Produktion dieser massiv gedrosselt - war ja immer Nikotin da. Das fällt jetzt weg, und bis der Körper da in der Lage ist, Glücksbotenstoffe selber in ausreichender Menge nachzuliefern, sind die Rezeptoren dafür unterbeschäftigt und melden "kein Glück - also traurig!". Die gute Nachtricht ist, daß Dein Körper jetzt wieder anfängt, selber diese Stoffe herzustellen, will heißen, daß dieser Zustand vorüber geht. Du kannst auch selber ein wenig was dazu tun, indem Du Dich belohnst, Dir schöne Dinge oder angenehme Momente gönnst, in Dich hineinhörst, was Du brauchst, und danach handelst (außer Rauchen natürlich, das brauchst Du nicht, da lügt Dich die Sucht an). Ob es Ruhe ist, frische Luft, Bewegung, Kino, Cappucino, Deko, ganz egal - was tut Dir gut, womit könntest Du Dir eine Freude machen Bouba? Erlaube es Dir. Bewegung und Belohnung kurbeln die Produktion an!
Solltest Du das Gefühl haben, daß sich eine Depression manifestiert, dann sprich bitte auch jederzeit den Arzt Deines Vertrauens darauf an. Es ist absolut legitim und angemessen, ihn ins Rauchfrei-Boot zu holen, denn vielleicht kann, eventuell muß er da dann auch helfend eingreifen und Dich unterstützen, wenn auch nur vorübergehend. Du darfst in jeder Form dafür sorgen, daß es Dir gut geht, auch wenn ärztlicher Beistand dabei hilfreich ist.
Wie begegnest Du dem vermehrten Streß, den Du derzeit hast? Hast Du einen Relaxball zum Kneten, oder nutzt eine Atemübung? (Falls Interesse, gebe ich Dir gern eine an die Hand!) Betreibst Du Ausgleichssport oder sogar Entspannungstechniken (Yoga, autogenes Training)? Es gibt Möglichkeiten zum Streßabbau, die während der Entwöhnung, aber auch darüber hinaus wirkungsvoll sind! Also nimm den Stress nicht einfach hin und ärgere Dich darüber, sondern nutzt ruhig Kompensations- oder Ausgleichsmechanismen. Auch das steht Dir zu und macht es leichter.
Viele Aufhörer erleben die ersten drei Wochen als die kompliziertesten. Aus dieser Zone kommst Du nun erst langsam heraus. Ich kann Dir natürlich nicht versprechen, daß Schlag Tag 21 alles besser ist, aber es ist immerhin für Dich eine Perspektive: es könnte bei Dir auch so sein, daß der grobe Suchtdruck und das meiste Unwohlsein nach so rund drei Wochen etwas abflaut. Aber eins ist sicher: so anstrengend wie jetzt bleibt es nicht Bouba. Da kannst Du ganz beruhigt sein.
Halte durch, es lohnt sich, Du merkst es ja jetzt schon körperlich! Wir gehen den Weg gerne mit Dir weiter. Du schaffst das! Viele Grüße sendet Dir
Lydia