„Ich dachte, ich bin drüber weg!" sagt vorgestern der flauschweiche Freund als wir uns über das Rauchen unterhalten. „Als ich in Australien war, ist das Rauchen so weit von mir weggerückt. Und nun? Nun rauchen wir alle wieder.“
Ich schau mich um. Stimmt. Alle wie wir da stehen, rauchen wir wieder. Wir haben nicht alle gemeinsam wieder angefangen. Sondern nach und nach.
Der eine hört immer wieder mal auf. Aus freien Stücken oder weil ihn die Frau drängt. Mal für die Gesundheit. Mal für den Sport. Mal für die Ersparnis.
Der andere beginnt wieder mit seiner Frau. Abends zum Wein - das wird doch gehen, oder?
Der dritte, der flauschige… so ganz klar sind mir seine Motive nicht. Eine Mischung aus Genuss, Flucht, Sucht. Von allem ein wenig.
Und ich? Ich hab sechs Jahre nicht geraucht - über 2000 Tage. Ich bin das Vorbild für die Jungs da oben. Vor zwei Jahren, nach einer wirklich anstrengenden psychischen und physischen Zeit des Hausbauens und -renovierens mit viel Muskel-Hypothek traue ich mich an eine „Sport“zigarette. Mir ist schwindelig. Rauchen wie mit 15. Der Traum aller Ex-Raucher wird wahr. Ich rauche ein Jahr lang abends eine „Sport“zigarette. Tagsüber denke ich nicht mal daran. Abends zur Entspannung dann. Das geht gut. Sogar mal mit wochenlangen Pausen mittendrin - oder nur am Wochenende.
Ich hab das doch im Griff.
Dann stirbt mein Haustier. Mein geliebtes. Mein Stresskiller. Der Kater ist alt und hat ein gutes Leben gehabt. In den letzten Monaten wird er immer gebrechlicher und sein Ende ist abzusehen.
Am Tag seiner Beerdigung rauche ich meine erste, richtige Zigarette nur mit Tabak - am 19. Juli 2013. Er ist nicht wieder auferstanden durch mein Gerauch. Aber mein Schmerz hat sich betäubt. Und die Betäubung hilft.
Ich bleibe fast ein Jahr lang bei zwei, drei Zigaretten pro Tag. Immer noch nicht die Welt. Immer noch zu kontrollieren. Morgens eine, abends eine, mit Freunden abends zwei. Ich will nicht immer so streng zu mir sein. Denn ich kann ganz gut streng zu mir sein. Alkohol weg, mehr Sport, Ernährungsgewohnheiten ändern - challenge accepted! Ich bin dabei. Ich zieh das durch. Nach dem der Kater in den Katzenhimmel zieht, lass ich's schleifen. Wenig Sport, auch mal Käse, auch mal Alk. Und die erwähnten Zichten.
Anfang Juli sagt die Ärztin zu mir: „Sie haben Krebs.“ - und sie sagt: „Sie sollten mit den Zigaretten aufhören." - Ich sag: "Was denn, die zwei Dinger am Tag?" - Sie sagt: "Ja."
Im Krankenhaus rauche ich nicht. Dafür schlafe ich schlecht. Wenn ich draußen spazieren gehe, bemitleide ich die Raucher in der Ecke. Stehen die im OP-Hemdchen und mit Drainage-Kanister rum und qualmen.Tse! Ich brauch das nicht. Kaum bin ich wieder daheim, fange ich wieder an.
Für die nächsten Therapieschritte ist es hilfreich, wenn ich nicht rauche. Ich habe mir alles zurecht gelegt und mich gut vorbereitet.
Die schwierigen Momente - das ist morgens die Kaffee-/Kippe-Kombi, der Fünf-Uhr-Tee-Schmacht (keine Ahnung warum gerade dann), und abends das Wenn-Alles-Getan-ist-Pippchen. Alle anderen diskutier ich mir weg. Das klingt nach überschaubarem Leidensdruck. Isses eigentlich auch. Wenn die Schmächte jedoch erst mal merken, dass ich ihnen nicht nachgebe, obwohl sie doch „nur ein klein bisschen Aufmerksamkeit“ fordern, werden sie bockig und rotten sich zusammen. Und sie brauchen wenig Schlaf…
Also. Hallo zusammen. Ich bin die Neue. Heute mein erster Tag und ich will ihn ernsthaft und erfolgreich beenden.