Guten Tag Stefan,
Tag 10 ist ein superschöner Grund, Dir zu gratulieren, zur ersten Null und zum zehnstelligen Tagesbereich. Wie geht es Dir damit heute, bist Du stolz auf Dich? Kannst Du auch sein! Das bringt mich gleich zu einem meiner Lieblingsthemen: Belohnungen! Weißt, die Raucherei hat ja, neben vielen anderen massiven Eingriffen in die Gehirnchemie, auch das Belohnungszentrum "betrogen". Jetzt fällt dieser Betrug weg und das Belohnungszentrum ist a bisserl ratlos. Deshalb ist es ganz wichtig, daß Du diese nunmehr (und zu Zeiten der Entwöhnung besonders) selber versorgst und für Belohnungen sorgst. Sei es für zurückgelegte Meilensteine (da wäre doch er erste Zehner schon mal geeignet!), gewuppte heikle Situationen oder einfach, wenn Du das Gefühl hast, eine Belohnung zu brauchen. Das hält auch die Motivation oben, weiterzumachen, und gibt Dir schon vor Abschluß der Entwöhnung und auch in schwierigeren Phasen das Gefühl, daß beim Rauchstopp tatsächlich was für Dich "rausspringt". Du machst Dir die Entwöhnung mit solchen Belohnungen einfach leichter und schmackhafter.
Belohnung ist, was Du darunter verstehst. Da gibt es auch keine Regel. Das kann schön essen gehen sein (oder schön Essen zubereiten auch), mal eine Extra-Auszeit (Kino oder so), etwas für Dein Hobby oder auch mal einfach nur Extrazeit für Dich. Also was würde Dir denn mal gut tun? Eine Belohnung wäre jetzt schon mal höchst verdient!
Ja in der Tat, ein paar Rituale und Situationen, Erinnerungen in Deinem Kopf, gilt es noch zu entkoppeln. Das hast Du absolut super erkannt Stefan, und klasse, daß Du Dir dessen bewußt und dazu bereit bist. Vieles davon merkt man erstmal wenn die erste Zeit der Abstinenz hinter einem liegt. Und der Gedanke "ach herrje, an das habe ich ja überhaupt noch nicht gedacht... was mach ich bloß statt dessen" ist da völlig normal. Ich glaube, den haben wir alle an mindestens einem Punkt unserer Entwöhnung mal gedacht. Indes, Angst brauchst Du davor nicht haben. Das ist auch wieder ein Finte der Sucht, daß sie Dir sagt "ja toll, und was willst Du in dieser oder jener Situation machen??? Ohne mich????". Aber die Fragen kannst Du ja beantworten. Nach und nach.
Nach einem Essen kannst Du zum Beispiel gleich mal die Zähne putzen. Oder auswärts ein scharfes Bonbon einwerfen. So scharfe, frische Geschmacksnoten dämpfen nämlich Rauchverlangen. Oder in kleinen Schlückchen ein Glas Wasser trinken. Im Lokal kurz aufstehen und zur Toilette gehen oder kurz raus (natürlich nicht zum Rauchen). Ganz bewußt etwas anderes tun als bisher, das entkoppelt die Verbindung "essen - danach rauchen" sehr gut.
Auch was die gesellige Runde angeht, kannst Du was tun. Entweder Du meidest für kurze Zeit rauchende Gesellschaft. (Ist nicht für immer, Deine Rauchfreiheit wird ja immer stabiler, in Kürze macht es Dir wahrscheinlich gar nichts mehr aus.) Wäre jetzt die "härteste" Lösung, manche Aufhörer machen es tatsächlich so. Wenn Dir das nicht liegt, Du Dich damit für Deinen Rauchstopp noch eingeschränkt fühlen würdest (vollstes Verständnis auch hierfür), dann erinnere Dich an die 4 A-Regeln: Ausweichen, Aufschieben, Abhauen, Ablenken: Schau mal hier sind sie genau erklärt:
http://www.rauchfrei-info.de/aufhoeren/tipps-fuer-ihren-rauchstopp/tipps-bei-verlangensattacken/
Klingt supereinfach, ist es auch, hilft Dir aber in gesellschaftlichen Situationen, mit dem Nichtmehrrauchen klar zu kommen. Später wirst Du auch gesellschaftliche Anlässe im Kreise rauchender Freunde genauso genießen wie vorher. Ich weiß, man kann sich das anfangs nicht so wirklich vorstellen, wie es jemals wieder so lustig werden kann wie vorher. Doch das wird es Stefan, da brauchst Du Dir keine Sorgen machen.
Entspannung ist auch ein großes Thema bei vielen Aufhörern. Irgendwie verbinden wir die Zigarette zwingend mit Entspannung, mit Auszeit - das war auch für mich eine ganz dicke Kröte, bot doch das Rauchen einen Grund oder Anlaß, um mich kurz abzusetzen und auszuspannen. Was habe ich denn statt dessen gemacht... also ich habe mir einen anderen Platz zum Entspannen gesucht als den, an dem ich immer geraucht habe. Dann triggert zumindest schon mal kein "Raucherort" mehr das Verlangen danach. Ich bin immer Richtung Westen auf der Haustreppe gesessen zum Rauchen, und oft hat es schon gereicht, wenn ich mich nach dem Rauchstopp einfach auf die andere Treppe Richtung Osten gesetzt hab. Ist ein anderer Ausblick (nicht schöner, aber anders). Sonst ganz wo anders hin gewandert. Einfach Ortswechsel für die Pausen. Habe mir während der Entspannungsphasen bewußt etwas gutes getan, einen guten Tee mitgenommen (hatte da vorübergehend tausend Sorten im Programm) oder Kaffee oder einen Keks. Was auch ganz toll entschleunigend und entspannend wirkt, ist eine Atemübung: Atme für fünf Sekunden lang tief durch die Nase in den Bauch ein, sodaß er sich wölbt. Dann halte für etwa fünf Sekunden die Luft an, behalte sie drin. Und dann bläst Du sie etwa acht bis zehn Sekunden lang durch den leicht geöffneten Mund wieder aus, so als würdest Du heiße Suppe auf dem Löffel blasen. Nach ein, zwei Atemzügen in Deinem eigenen Rhythmus wiederholst Du dies. Das hilft sehr gut, runterzukommen und ist übrigens auch beim Auftreten von Schmachtern wirksam.
Also, Du siehst schon Du kannst da ein wenig rumprobieren, was Dir in den jeweiligen Situationen hilft. Gerne auch eigene Ideen versuchen, auf jeden Fall bist Du nicht wehrlos.
Und vor allem nicht dazu verdammt, jetzt Dein Leben lang in bestimmten Lagen gegen den Wunsch zu rauchen anzukämpfen. Ich weiß, es fühlt sich am Anfang so an - "wie soll ich das jetzt bloß mein Leben lang schaffen?" - aber bitte mach Dir auch da keine Sorgen. Die Raucherroutinen sind noch viel zu präsent. Doch das, was Du Deinem Gehirn antrainiert hast, kannst Du ihm auch wieder abtrainieren. Und mit Deiner Erkenntnis, daß ein wenig bewußte "Umerziehung" dazu gehört, und Deiner Bereitschaft dazu, habe ich auch keine Zweifel, daß Dir das gelingt. Und schau Dich um: Hier sind doch viele mit großen Tageszählern, die schon seit Jahren nicht mehr rauchen, die übereinstimmend sagen, es ist kein Kampf mehr und die - wie ich übrigens auch - mit der Rauchfreiheit sehr glücklich sind. Laß Dir das Mut machen Stefan. Es lohnt sich.
Komm gut durch die Woche und laß bei Gelegenheit mal hören, wie es Dir geht, wenn Du Zeit uns Lust hat. Viele Grüße sendet Dir
Lydia