Guten Morgen liebe Gemeinde,
freue mich, einer gleichgesinnten Community anzugehören und hier sowohl "Mit-Leider" wie auch "Mit-Freuer" anzutreffen.
So um die 15 Kippen habe ich, grob geschätzt, mir tagtäglich in den vergangenen Jahren reingeblasen (in Phasen ausgeprägten Frustes wohl auch mal Richtung 20) , und ich kann mich nicht entsinnen, dass ich auch nur einen meiner ungezählten Aufhörversuche mal länger als max. 2 Tage durchgehalten hätte. Völlig a-typisch dürfte auch die Tatsache sein, dass ich nicht nur Raucher war (ich hoffe, das "war" behält nun endlich Gültigkeit), sondern auch Marathonläufer (wenngleich ich zu meinen aktiven "Lauf-Zeiten" auf die Kippe relativ problemlos verzichten konnte). Die Gründe, warum ich letztlich bei der Kippe landete, sind wohl vielfältig. Diverse Lebenskrisen, Beziehungs- u. Berufsfrust und, und, und ... es gibt 1001 Gründe, um zu rauchen, von "... die hast du dir aber jetzt verdient ... " bis "... ist doch eh alles egal ...".
Der entscheidende Moment mit dem Entschluss, dass jetzt endlich Schluss ist, resultierte aus einere Virus-Infektion (nein, kein Corona, ich wurde getestet), mit allen schönen Symptomen wie trockener Husten, permanenter Kopfschmerz, Gliederschmerzen, nächtliche massive Schwitzattacken und totaler Erschöpfung.
Und genau in dieser Phase, in diesem elenden Zustand, so bescheuert und 100prozent idiotisch das auch ist, hatte ich am 24. Juni 2020, so gegen 12 Uhr Mittags, nichts wichtigeres zu tun, als auf die Terasse zu gehen und mir "eine anzuzünden", elender würde mir damit ja auch nicht mehr. Und doch: es wurde mir noch elender. Ich inhalierte einen Zug aus der Zigarette, pumpte all diese das Leben scheinbar so viel erträglicher machende Inhaltsstoffe in meinen Kreislauf, als sei mein Immunsystem gerade noch nicht ausgelastet und dankbar auf noch mehr Arbeit wartete.
Ich blickte in den "Sandeimer", der als Aschenbecher diente und in dem noch all diese Kippen der vergangenen Wochen steckten, ich vermied es, sie zu zählen ... und doch, es kam ein ziemlich ausgeprägter Ekel in mir hoch. Sowohl beim Anblick des "Sandeimers", wie auch nach diesem ersten Zug (der bis heute mein letzter bleiben sollte) aus der frisch angezündeten Zigarette. "Was machst du da eigentlich, was tust du dir da eigentlich an, tickst du eigentlich noch irgendwie richtig? Wie eklig und selbstzerstörerisch ist das, was du da gerade tust ...".
Ich drückte die eben erst angezündete Zigarette aus und versenkte sie in dem "Sandeimer", sagte mir: "Das war deine LETZTE! Definitiv die LETZTE!". Schaute noch schnell auf die Uhr. Kurz vor Zwölf, Mittwochmittag, 24. Juni 2020.
Die ersten Tage "ohne" waren gar nich schwierig. Mein ziemlich (infolge meiner Infektion) bescheidener Allgemeinzustand ließ kein besonderes Verlangen nach Zigaretten aufkommen. Einige Tage später hatte ich dann weitestgehend keine Symptome mehr, und schwuppdiewupp ... in diversen Situationen tauchte dann schon mal wieder das innerliche Teufelchen auf und flüsterte mir ins Ohr, dass doch jetzt ein wunderbarer Zeitpunkt sei, meinen Genesungsprozess mit einem Zigarettchen zu feiern. Ich jagte das Teufelchen weg!! Jawoll. Das ist mir bisher ganz gut gelungen, in jeder ähnlich gearteten Situation.
Doch nach 10 Tagen rauchfrei wage ich noch längst nicht, mich als Nichtraucher zu bezeichnen. Phasen, in denen der Gedanke / der Wunsch nach einer Zigarette auftritt, tauchen gerne in bestimmten Situationen auf, verschwinden aber auch relativ schnell, wenn ich entweder die Situation verlasse oder mich mit irgend etwas anderem beschäftige. Z.B. mit meiner Zeit als Marathonläufer. Ich stelle mir vor, wie dieses wunderbare System, Herz, Lunge, Arterien, Venen, den Sauerstoff in jeden Winkel des Körpers transportieren und es der Muskulatur erlauben, über Stunden zuverlässig seine Arbeit zu verrichten ... diese uneingeschränkte Freude an der Bewegung.
Ich stelle mir vor, wie die Selbstreinigungs- und Entgiftungstruppen des Körpers seit einigen Tagen "unterwegs" sind. Nein, ich möchte die harte Arbeit der körpereigenen Putzkolonnen nicht mehr torpedieren durch verantwortungsloses Handeln, nie und nimmer nicht!
Ich war joggen gestern!
Allen Ernstes. Hatte ich vor dieser Virusinfektion auch ab und zu gemacht, trotzdem aber meine rd. 15 Kippen / Tag konsumiert. Insbesondere kurz nach den ersten Laufschritten musste ich immer husten und spucken ... die letzte Kippe vor der Laufeinheit lag ja meistens nur so ca. 1 Stunde zurück. Und ich lief los, während das Kohlenmonoxid in meinem Körper eine der Belastung angemessene Sauerstoffversorgung blockierte. Ensprechend hohe Atem- und Herzfrequenz auch bei vergleichsweise niedrigem Tempo ...
Und gestern? Der Unterschied war spürbar, das Laufen viel, viel leichter, kein Husten! Nach 9 Tagen Rauchfreiheit sollte sich das Kohlenmonoxid im Blut ja auch verflüchtigt haben. Es war ein halbess Stündchen nur, in locker-ruhigem Tempo, und ich habe es bewusst genossen. Wieder zu Hause, der erste Impuls: Die "Belohnungskippe" nach der körperlichen Ausdauerbelastung. Ich gab ihm NICHT nach ... sondern rief mir wieder das Bild meiner "Putzkolonnen" zurück ins Gedächtnis ...
Wir sollten sehr dankbar sein darüber, dass uns unser Organismus so viel jahrelangen missbräuchlichen Umgang mit ihm verzeiht, wenn wir nur bereit sind, entschlossen auf die Bremse zu treten. Und gleichzeitig sollte uns bewusst sein, dass die Kapazitäten seiner Selbstheilungsmechanismen nicht unendlich sind.
Das soll's mal gewesen sein für's erste, allen hier ein wunderbares, rauchfreies Wochenende und bleibt alle miteinander STARK!!!