[quote="Kindse78"]
Hallo zusammen,
Brummschädel ist wieder weg und mir gehts immer noch prima ohne Rauch!
Gestern, bzw. heute noch kein Verlangen nach ner Zigarette verspürt... ist das nun gut oder schlecht?
Irgendwie ist mir das schon umheimlich... wenn ich so lese wie manche hier innere Kämpfe austragen müssen.
@Akiko
Das Gefühl macht Angst, da ich teilweise hier andere Erfahrungen lese und mir dann denke.. wenn ich das momentan so locker habe, wann kommt dann bei mir die harte Zeit?
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Guten Morgen Stefan,
wo fange ich jetzt an? Hmmmm, na, ich beginne wohl am besten erst mal mit einem Glückwunsch und lobendem preussischem Schulterklopfen in der Manier des ollen Fritz, du hast deine zwei Wochen in wenigen Stunden zusammen. Also etwa so:
Man mus den Menschen ermuthigen, anstatt ihn abzuschrecken. Herr Graf, gebe er dem Manne einen Dukaten aus meiner Schathulle, er hat einen starken Geist bewiehsen.
Nun wär ich aber kein Preuße in der Manier des ollen Fritz, wenn nicht gleich die Drohung mit dem Rohrstock hinterher käme. Und dazu müsste ich nur sagen:
Festigkeit besteht im Widerstand gegen das Unglück. So bleibe er wie der Ochs, der feste steht, unt nicht wie der Krebs, der rückwärts geht.
Was nun deine persönlichen Empfindungen bezüglich ausbleibender Gefühle wie Verlangen und anderweitige Entzugserscheinungen angeht, so vergiß bitte niemals, das wir alle zwar aus den gleichen Materialien gestrickt sind, aber jeder nach einem individuellen Strickmuster. Jeder empfindet daher anders, das ist ja letztlich auch der große Stolperstein, an dem alle Verallgemeinerungen scheitern.
Es kommt aber noch ein weiteres Element dazu, was es denen, die stärker unter Entzug leiden, schwieriger macht. Die Kopfsache. Ich versuche es mal an einem Beispiel zu verdeutlichen. Da war in einer Senioren Pflegeeinrichtung eine alte Frau, die war neu in der Einrichtung, war an dem Tag eingezogen, an dem abends die erste meiner üblichen Serie von fünf Nachtschichten begann. Ein Großteil ihrer Medikamente waren von den Angehörigen beim Einzug im Dienstzimmer abgegeben worden, wie auch alle notwendigen Papiere und Dokumente und Dokumentationen, also Arztbriefe, Epikrise, Pflegeüberleitungsbogen etc.
Am Abend um 22:00, ich hatte vom Spätdienst die Schicht übernommen, kam die gute Frau auf den Flur, traurig, betrübt, den Tränen nah klagte sie mir: "Junger Mann, meine Schlaftabletten sind vergessen worden, ich kann nicht einschlafen." Oups ... na schaun mer mal. Ich habe sie also erst mal beruhigt und sagte ihr, sie möge sich einen Moment in den Tagesraum setzen, ich müsse mir erst die ärztlichen Anordnungen durchlesen, was und wenn ja in welcher Dosierung sie bekommt. Erst dann könne ich schauen, ob wir für heute mit dem gleichen Präparat von jemand anderem oder einem ähnlichen Präparat überbrücken können.
Gesagt getan, sie nahm im Tagesraum Platz, nahm auch dankbar eine Tasse Tee von mir an, trank die, während ich mich ins Dienstzimmer verzog, um ihre Akten nach entsprechenden Informationen zu durchforsten. Das Dumme kam mit Macht, da war nichts. Keine Information, keine ärztliche Anordnung, nirgendwo der kleinste Hinweis auf tgl. Einnahme eines Schlafmittels. Und nu? Ohne ärztliche Anordnung darf ich keine Medikamente, nicht mal pflanzliche herausgeben. Was nun tun? Ich nahm einen Medbecher (kleine bunte Becher, Schnapsglasformat, aus Plastik), tat eine Süßstofftablette hinein, gab ihr die Auf die Hand und meinte, die könne sie nehmen, müsse sie mit etwas Flüssigkeit schlucken, das sei ein ähnliches Präparat, gleicher Wirkstoff, nur von einer anderen Firma.
Sie nahm es dankbar, was soll ich sagen, sie schlief die Nacht ruhig durch. Ja klar, ich war fies, ich habe die gute Frau brutal belogen, wenn du es so sehen willst. Fakt ist aber, sie bekommt seither jeden Abend um 21:00 Uhr vom Spätdienst ihre Schlaftablette (immer noch ein Natreenchen), sie schläft jede Nacht ruhig durch, und das nun schon seit zwei Jahren. Kopfsache, reine Kopfsache.
Wer Entzugserscheinungen fühlen will wird sie fühlen. Im Kopf. Wer sich sagt, na, ich werde wohl Entzugserscheinungen haben, aber ich Schaiz drauf, ich will trotzdem rauchfrei werden, wird sie, wenn überhaupt, in abgemilderter Form erleben.
Weiterhin viel Glück und Mut und Erfolg, Daniel, ich bleibe die auf den Fersen, pass nur auf, das ich dich nicht überhole, wäre schade drum