Schönes Thema, nun auch endlich an der richtigen Stelle.
Ich glaube ehrlich gesagt schon dass es einen Unterschied zwischen Männlein und Weiblein gibt. Männer haben meiner Meinung nach eher die Angst davor zu Versagen und als schwach abgestempelt zu werden. Lässt sich ja auch alles wohl biologisch, gesellschaftlich und geschichtlich erklären. Das "Weichei-Sein" (bitte nicht als Wertung auffassen) wird ja erst die letzten Jahre, vielleicht Jahrzehnte so langsam gesellschaftsfähig und ich behaupte aber mal dass immernoch insbesondere der männliche Teil der Gesellschaft nicht allzu viel dafür übrig hat. Männer müssen stark sein und bei Frauen weckt die eigene Schwäche eher den Beschützerinstinkt des Mannes worauf hin er sich stark und gebraucht fühlt. Ich behaupte mal dass dieses Klischee noch sehr fest in unserer heutigen Gesellschaft verankert ist. Ich halte es allerdings für überholt hier in stark und schwach zu unterscheiden.
Daher kann ich mir auch durchaus vorstellen dass Raucher und Raucherinnen das Thema "Aufhören" auch unterschiedlich angehen können, allerdings nicht zwangsläufig müssen. Ich weiß ich bekomme hier im Forum auch so langsam den Ruf ein "Hardliner" zu sein aber ich halte ehrlich gesagt nichts von diesem "Schwarz oder Weiß - Denken". Ich versuche es mal so zu formulieren: "Ich bin stark wenn ich stark sein muss und bin schwach wenn ich schwach sein darf." Gefühle zeigen und trotzdem eine starke Persönlichkeit zu sein schließt sich meiner Meinung nach keinesfalls aus. Ich habe zu Beginn meines Rauchausstiegs auch gelitten, gejammert und wäre am liebsten mit dem Kopf durch die Wand. Trotzdem habe ich mir keine Zigarette eingestanden. Ich bin stark geblieben in dem Moment wo ich germerkt habe ich kippe gleich und greife zur Zigarette. Vielleicht habe ich auch die ersten Tage gekämpft weil ich eben das Klickerlebnis im eigentlichen Sinne nicht bzw. allerhöchstens erst nach ein paar Tagen der Rauchabstinenz hatte. Der Weg egal wie steinig hat sich aber gelohnt. Vielleicht beschreibe ich einfach mal wie mein bisheriger Rauchausstieg gelaufen ist und erkenne dann vielleicht noch wo es Klick gemacht hat:
Grundsätzlich spielte ich schon länger mit dem Gedanken das Rauchen aufzuhören. Früher war es immer so "Wenn mal der Nachwuchs unterwegs ist, höre ich auf!" Der Nachwuchs war unterwegs und ich hörte natürlich nicht auf. "Wenn der Nachwuchs mal auf der Welt ist, höre ich auf!" Der Nachwuchs war unterwegs und ich hörte natürlich nicht auf. Es vergingen Tage, Wochen und Monate und bald stand der erste Geburtstag meiner Tochter vor der Tür... und ich rauchte immernoch. Ca einen Monat vor dem Geburtstag meiner Tochter hatte ich eine relativ starke Erkältung. Stark im Sinne von es hat mich ziemlich geplagt, aber ich bin arbeiten gegangen. Wer arbeiten gehen kann, kann auch rauchen. Also nahm ich in dieser Zeit keine bzw. kaum Rücksicht, rauchte vielleicht 1-2 Zigarillos am Tag weniger. Als ich dann aber so da stand, es war Mittwoch Abend: Feierabendzigarette, genüsslich an meinem Zigarillo zog (dicht gefolgt von einem Hustenanfall der mit die Tränen in die Augen trieb) blickte ich den Zigarillo an, fragte mich ob ich eigentlich vollkommen bescheuert bin in einem solchen Moment zu rauchen, (es "schmeckte" ja nicht mal aus Rauchersicht) und drückte das letzte Drittel meines Zigarillos aus. Ich setzte mich ins Auto und fuhr nach Hause. In diesem Moment hatte ich auch noch nicht wirklich realisiert dass das meine letzte Zigarette gewesen sein sollte, es war eher so ein. "Jetzt reißt du dich mal zusammen und lässt die Dinger mal weg... zumindest mal bis du wieder gesund bist!" Also verzichtete ich am nächsten Tag darauf mir eine Schachtel zu kaufen und verbrachte einen der ersten Tage seit langem ohne Zigaretten. Es keimte in mir der Gedanke dass das doch eine gute Chance sein könnte das Rauchen jetzt endlich für immer aufzuhören. Also kontaktierte ich mal meinen alten Kumpel Go Ogle und schaute mal was ich im Netz so finde.
Die ersten Tage laß ich hier dann nur mal so mit, aber am 5.Tag musste ich mir es dann einfach mal von der Seele schreiben was ich dann auch tat. Parallel fing ich an Joel Spitzers "Nie wieder einen einzigen Zug" zulesen. So langsam entwickelte ich eine Überzeugung nie wieder eine Zigarette zu rauchen und ich began damit mein Leben meine Rauchgewohnheiten zu analysieren. Mir klar zu machen was ich mit dem Rauchen aufs Spiel gesetzt hatte, welches Risiko ich führ mich und meine Familie einging nur um das Nikotinmonster in meinem Körper zu befriedigen. Vielleicht war das mein Klick, das Bewusstsein zu entwickeln dass ich das Wichtigeste in meinem Leben, meine kleine Familie, vielleicht irgendwann selbstverschuldet in Stich lassen würde, weil ich einer Sucht erlag? Das wusste ich natürlich bereits während ich noch geraucht habe, aber als Raucher ist man ja ein Meister der Selbsttäuschung. Meine Gefühle und Motivation kippten so langsam in Wut. Wut auf mich dass ich so lange geraucht hatte, Wut auf andere Eltern welche rauchend den Kinderwagen durch die Gegend schoben. Wut auf alles was irgendwie mit Zigaretten zu tun hatte. Ich verzichtete darauf andere Raucher anzuschreien wie bescheuert sie wären, was aber eher meiner guten Erziehung als meiner Überzeugung geschuldet war. Ich war mir zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon sicher dass ich nie wieder eine Zigarette anrühren würde und wenn ich mir notfalls beide Hände abgehackt hätte. Trotzdem war die Angst rückfällig zu werden und vorallem die Verzweiflung immernoch der Zigarette nachzutrauern andauernd präsent. Ich verstand nicht wieso ich immernoch das Bedürfnis hatte zu rauchen obwohl ich doch den festen Entschluss gefasst hatte das Rauchen für immer sein zu lassen. Ich dachte immer wenn du wirklich willst, also "wirklich" dann wird es ganz leicht. War es aber nicht und jetzt standen auch noch meine Hände auf dem Spiel. ;-)
Ich laß daraufhin viel im Internet, ging spazieren, machte mir den Kopf frei und meine Wut über das Rauchen verwandelte sich so langsam in eine distanzierte Betrachtung und Analyse dieser Sucht. Allen Carrs Buch "Endlich Nichtraucher" half mir sehr gut dabei. Ich fing an andere Raucher zu beobachten, mein eigenes ehemaliges Rauchverhalten zu analysieren und kam immer und immer wieder zu dem Ergebnis dass es eigentlich vollkommen bescheuert, unnütz und zu allem Überfluss lebensbedrohlich war. Wenn man sich mal vor Augen führt wie perfekt die Falle des Rauchens (danke Allen) funktioniert und erkennt wie man selbst genau so reingeraten ist (oder rückfällig wurde) fällt es einem meiner Meinung nach leichter das ganze distanziert zu betrachten. Ich akzeptierte die Tatsache dass der Wunsch nach einer Zigarette durchaus da sein kann, man aber trotzdem überzeugt und vorallem glücklich ohne sie auskommen kann. Heute bin ich glücklich. Ich bestärke mich immeroch jeden Tag darin dass es gut war das Rauchen aufzugeben. Nicht weil ich es noch unbedingt jeden Tag brauche oder dauernd ans Rauchen denken muss, sondern erstens weil es so ist und zweitens weil man es (sicherheitshalber) nicht oft genug sagen kann.
Ich glaube mittlerweile dass es nicht unbedingt eines Klicks im Sinne eines Schlüsselerlebnisses bedarf. Ich halte es sogar für gefährlich darauf zu warten. Was wenn der Klick nicht kommt? Ich glaube vielmehr dass man den Klick herbeiführen kann, besser gesagt die Überzeugung dass man nicht mehr Rauchen möchte. Die Betonung liegt auf "möchte" und nicht "darf". Ich glaube dass in diesem Forum teilweise der Eindruck entstanden ist dass ich der Meinung wäre man müsste sich jeden Tag quälen nicht zu rauchen um irgendwann sein Ziel zu erreichen. Das stimmt natürlich so nicht und war auch nie von mir so gemeint. Ich glaube aber dass man jeden Tag daran arbeiten sollte sich in seiner Überzeugung zu bestärken. Das heißt nicht dass man von morgens bis abends "studiert" und nichts mehr anderes tut. Es geht vielmehr darum Raucher, Rückfälle, Schmachtattacken und eben typische Rauchsituationen zu analysieren und als Chance zu begreifen die Sucht zu verstehen und sie nicht mit aller Gewalt zu meiden. Ich habe z.B. eben genau nicht die typischen Rauchsituationen gemieden, sondern mich diesen teilweise (nicht allen, wir wollen ja nicht übertreiben) bewusst ausgesetzt. Ich wollte eben nicht auf irgendetwas anderes in meinem Leben verzichten, nur weil ich jetzt nicht mehr rauche. Das würde ja doch implizieren dass ich auf etwas verzichten muss, jetzt wo ich nicht mehr rauche. Ich weiß dieses Vorgehen ist riskant und sicherlich nicht jedem zu empfehlen, aber oft ist es doch genau die anfängliche Motivation die einen durch solche Situationen unbeschadet hindurchführt nur um hinterher festzustellen "Du hast nicht geraucht! Und du lebst noch... irre!" Früher oder später erlebt man diese Situationen sowieso und je früher man sich damit auseinandersetzt und realisiert dass man sie auch ohne Zigaretten meistern kann, geht man einen großen Schritt in Richtung rauchfreie Zukunft. Dass man dabei auch mal die Zähne zusammenbeißen muss gehört wahrscheinlich dazu.
Ich glaube es ist wichtig sich mit dem Thema Rauchen als Sucht zu beschäftigen. Ob der Klick (im Sinne eines Schlüsselerlebnisses) kommt oder nicht halte ich für nicht so wichtig, ich glaube eher dass es vielen Rauchern eine willkommene Ausrede ist jetzt doch noch nicht auzuhören. Wichtig ist dass die Erkenntnis kommt dass einem das Rauchen nichts gibt, sondern schadet. Gesundheitlich, finanziell und auch gesellschaftlich. An dieser Erkenntnis kann man arbeiten und das wäre dann der eigentliche Klick für mich. Eher allerdings ein KLIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIICK... weil es im Zweifel nicht von heute auf morgen passiert.
Gruß Stoffel
P.S. Sorry für den "Wall of Text"