Liebe Astrid,
erst einmal mit der Ruhe. Natürlich kannst Du Dich freuen, schon mal zwei Tage zu schaffen - ich bin sicher es gab Zeiten da gingen nicht mal zwei Stunden. Da sind zwei Tage ohne Zigarette doch schon zwei gewonnene Tage.
Ich habe vor diesem Ausstieg auch schon ein-, zweimal halbherzig versucht, die Finger von den Zigaretten zu lassen, ja. Es stand in meinem Kopf aber eher unter dem Plan "mal schauen wie weit ich schaff, vielleicht klappt´s ja gleich". Es klappte natürlich nicht. Habe ich jetzt nicht als Ausstiegsversuche mitgezählt, da ich ja eigentlich zu diesem Zeitpunkt noch nicht aussteigen wollte - oder anders, eigentlich wollte ich die ganzen zweieinhalb Jahre über wieder aufhören - aber so habe ich die Erfahrung gemacht, daß dieses Unterfangen wohl doch kein so ganz einfaches werden dürfte.
Das muß man aber auch erstmal herausfinden, Astrid! Auch wenn es bei Dir ernster gemeint war als meine Aussetzer - man muß erstmal herausfinden, wie es sich gegenwärtig anfühlt, da sich kein Entzug gleich entwickelt, abhängig von verschiedenen Faktoren, u.a. der Lebenssituation, in der Du Dich gerade befindest. Das kannst Du aber vorher nicht wissen! Also mach Dir jetzt bitte keine Sorgen, keine Gedanken, ärgere Dich nicht. Mach Deinen Frieden damit, wie es gelaufen ist. Auch das ist sooooo vielen passiert! Ist nicht schlimm und kein Grund aufzustecken. Du kannst es immer noch schaffen. Und das wirst Du auch.
Vielleicht wäre ein wenig Vorbereitung wirklich hilfreich für Dich, das ist eine gute Idee von Dir. Überleg Dir doch zB. mal: In welcher konkreten Situation bist Du denn gestolpert? War es eine bestimmte Handlung, die für Dich mit dem Rauchen verbunden war? Eine Gefühlslage? Ein Auslöser? Und dann überlege Dir doch, wie Du diese Situation künftig anders lösen könntest. Vielleicht analysierst Du auch nochmal Dein Rauchverhalten: Wann, wieviele, warum und wie wichtig? Und überlegst Dir dann, wie Du diese Situationen schon vorab anders gestalten könntest, weil Dein Suchtgedächtnis dann nicht schon allein aus der ans Rauchen gekoppelten Situation raus einen Schmachter generiert.
Und was die Motivation durch die Kinder angeht: Ja, die ist sicherlich riesig, das kann schon sein. Aber die Finger von den Zigaretten lassen können Deine Kinder nicht für Dich, das kannst Du nur allein - deshalb mußt Du auch ein paar eigene Motive gelten lassen. Und die hast Du sicher auch! Freust Du Dich denn zB nicht über mehr Geld in der Börse? Über einen besseren Gesundheitszustand? Was ist mit Symptomen der Luftwege, Infektanfälligkeit, hast Du da was? Willstes loswerden (Suggestivfrage, natürlich...)? Über eine gesündere Haut? Über die Wahrnehmung von Dir? Was sind Deine ureigenen Motive? Die darfst und sollst Du Dir auch auf die Fahne schreiben, und zwar in fetten Lettern. Ich sag hier immer, meine Kinder waren einer meiner Gründe fürs Aufhören und mein stärkster Motor, es auch durchzuhalten, das ja. Meine einzigste Motivation indes waren sie nicht. Und auch Du darfst zu Deinen eigenen Gründen stehen, denn die brauchen wir.
Und zuguterletzt: Ein Ausrutscher ist doch kein Grund, mit dem Aufhören aufzuhören. Viele stolpern mal, einfach weil die Sucht stark und gemein ist! Das hat nichts mit mangelnder Willensstärke oder Bereitschaft zu tun. Nein, es ist einfach, weil die Sucht so hinterlistig ist. Es ist doch keine Schande! Dann bist Du eben gestolpert, aber um eine Erfahrung reicher, die Du verwenden kannst. Und irgendwann hast Du genug Erfahrungen gesammelt, daß die Sucht Dich nicht mehr aufs Glatteis führen kann. Dann schreibst Du in Dein Rauchertagebuch "heute ist das und das passiert, da hab ich an einer Zigarette gezogen - das ärgert mich jetzt!", und wenn Du dann beim nächsten Mal in dieser Lage bist, passiert es Dir nicht mehr, weil Du es artikuliert hast und jetzt besser weißt. Manchem Aufhörer ist es eben nicht vorbestimmt, ohne Stolperer aufzuhören - aufhören tut er trotzdem erfolgreich.
Drum mach Dir gerne einen neuen Plan, wir sind auch gern dabei behilflich, wenn Du möchtest, aber mach Dir bitte keine Gedanken mehr. Und gib Dein Vorhaben, rauchfrei zu werden, bitte nicht auf, weil es sich wirklich so sehr lohnt. Der Weg dahin ist vielleicht nicht so easy, aber das Ziel zu wertvoll. Und Du schaffst das auch noch!
Schreib jederzeit, wenn Du Austausch wünschst. Bis dahin grüßt
Lydia