Liebe Moni,
nach langer Zeit möchte auch ich mich wieder einmal bei Dir zu Wort melden. Trotz der schweren Belastungen, denen Du in den letzten Wochen und Monaten ausgesetzt warst, hast Du unbeirrbar Deinen Kurs beibehalten - Chapeau, Madame! Deine empfindsamen Beiträge zeigen sehr deutlich, in was für einer umfassenden Umbruchphase Du Dich derzeit befindest. Es gibt manchmal unendlich viel, was neu sortiert werden muss, da sich die Lebenssituation und die Einstellung zu ihr schrittweise, aber grundlegend verändern...
Eins vorneweg: Sollte ich etwas falsch verstanden haben, sei mir bitte nicht böse, denn obwohl ich lange über Deine Beiträge nachgedacht habe, kann ich natürlich auch falsch liegen. Falls das der Fall sein sollte, korrigiere mich bitte, egal, ob hier im Forum oder per PN.
Die Kippe an den Nagel zu hängen, ist ein schwerwiegender physischer und psychischer Einschnitt - abgesehen vom körperlichen Entzug, der mit dem gleichzeitig startenden umfangreichen Regenerationsprozess des Körpers äußerst kräftezehrend sein kann, beginnt die psychische Umstellung, in deren Verlauf auch bekannte Situationen merkwürdig fremd erscheinen können, weil die (bislang stereotyp dazugehörende) Zigarette fehlt. Auch das ist ein kräftezehrender Lernprozeß, Dein Körper schreit jetzt also förmlich nach zusätzlichen Ruhepausen, die er dringend benötigt.
Du bist mitten drin, Dein Leben völlig neu zu organisieren, es ist doch nur natürlich, dass Du dafür auch mehr Zeit für Dich selber brauchst. Du bist in einer Phase, in der Du einfach auch innehalten, beobachten, bewerten und neue Wege einschlagen musst. Bei Dir kommen auch noch außergewöhnliche Belastungen von außen hinzu: die Krankheiten in Deiner Familie, jetzt auch noch die Abwesenheit Deines Mannes.
Beim Sortieren meiner Gedanken hilft es mir immer sehr, wichtige Punkte aufzuschreiben. Dann setze ich mich ruhig hin und liste einfach einmal auf, was mir in meinem Leben besonders gefällt und Freude macht, was also verstärkt werden sollte. In der zweiten Rubrik führe ich auf, was mich stört oder sogar ärgert und schrittweise verändert werden kann. Anhand dieser Grobsortierung denke ich in den nächsten Tagen weiter und überlege mir konkrete Schritte zu den einzelnen Punkten.
Ich vermute einfach, dass auf der Negativseite Deiner Bilanz das Gefühl chronischer Überlastung stehen könnte. Über-Belastung entsteht dann, wenn Du mehr tragen sollst, als Du überhaupt kannst. Also ist doch die nächste Frage, ob die Last nicht auf mehr Schultern verteilbar wäre. Wenn es um die Fürsorge für Deine krebskranke Mutter geht, denke ich dabei automatisch an Deinen Vater und vielleicht auch Geschwister. Auch Dein jüngster Sohn, der mit gerade einmal Anfang zwanzig in einer schweren Krankheit steckt, braucht Zuspruch und Unterstützung, um die veränderte Situation besser verarbeiten zu können. Aber auch dabei können Dich Dein Mann und seine Geschwister unterstützen. Wenn Du in allen diesen Situationen bislang alleine verantwortlich warst, so heißt das doch lange nicht, dass diese Situation ein für alle Male so fixiert bleiben muss - es sei denn, Du willst es selber.
Auch Dein derzeitiges Gewicht könnte auf der Negativseite auftauchen, obwohl Du schon im Begriff bist, Dich neu einzukleiden. Wie ich Dir schon vor Monaten geschrieben habe, fände ich es nicht gut, zwei Großbaustellen gleichzeitig zu öffnen. Aber vielleicht kannst Du Dir einfach einmal aufschreiben, was Du im Laufe eines Tages isst? Vor einiger Zeit hattest Du von Popcorn, Bonbons und Schokolade vor dem Fernseher berichtet, könntest Du das vielleicht gegen Cocktailtomaten und Gemüsesticks mit Quarkdip austauschen? Du merkst schon, worauf ich hinaus möchte... Auch die Wassereinlagerungen, von denen Du berichtet hast, machen sich auf der Waage bemerkbar. Da Du keine entwässernden Medikamente nehmen möchtest, könntest Du doch auch entwässernde Nahrungsmittel (Spargel, salzloser Kräuterreis usw.) in Deinen Speiseplan einbauen, oder? Wenn sich das Wasser momentan in Deinen Beinen konzentriert, könntest Du doch auch mit Deinem Hausarzt reden, ob er Dir nicht aufgrund Deiner Herzschwäche Stützstrümpfe verordnen könnte. Auf jeden Fall ist es bestimmt hilfreich, mit ihm über dieses Thema zu reden.
Worauf ich letztendlich hinaus möchte, liebe Moni, ist eins: Du kennst den Bibelspruch "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst."? Und das ist des Pudels Kern: "...wie dich selbst" - fange bitte an, Dir selber gegenüber die Achtsamkeit an den Tag zu legen, die für Dich im Umgang mit anderen selbstverständlich ist.
Last but not least: Ich lese Deine ehrlich-emotionalen Posts gerne, denn sie spiegeln nicht nur Deine Gedanken, sondern auch Deine innere Stärke wider. Ich wünsche Dir den Mut und die Kraft, Deinen höchstpersönlichen Weg konsequent weiter zu gehen. Und falls wir Dich dabei begleiten dürfen, um so besser!
Liebe Grüße und einen schönen Feiertag, Brigitte