Guten Abend Haik,
ich habe begriffen, daß Du nicht möchtest, daß wir alle hier versuchen, Dir den Rauchstopp "schöner zu reden" als Du ihn erlebst. Würde auch nix bringen, deshalb versuche ich das auch gar nicht erst. Aber ein paar Gedanken dazu sind mir durch den Kopp gegangen.
Du sagst, Du hast (mit einer Ausnahme, dazu gleich mehr) keine nennenswerten Verbesserungen erlebt. Laß es daran liegen, daß die Verbesserungen, die nicht eingetreten sind, sich durch Deine wenn auch längere Raucherkarriere einfach noch nicht verschlechtert hatten. Ich denke, so wie auch jeder Entzug individuell ist, verläuft auch die Raucherkarriere individuell: es gibt Dinge, die meistens eintreten - aber eben nicht immer. Vielleicht hast Du einfach keinen Geruchs- und Geschmackssinn eingebüßt, den es wieder herzustellen gegolten hätte. Vielleicht hast Du nicht Falten bekommen wie ein Plisseerock nachm Schleudergang, oder eine Hautfarbe wie Frankensteins Monster. Vielleicht war Deine Kondition vor dem Rauchstopp nicht schlechter gewesen als ohne Rauch (ja, es gibt auch Mitaufhörer, die keine Verschlechterung der Kondition durch das Rauchen erlebt haben!). Vielleicht war ja all das bei Dir nicht der Fall. All diese Dinge mal isoliert betrachtet, also selbst wenn Du nicht diesen widerlichen Husten gehabt hättest: es war trotzdem die bessere Idee aufzuhören, denn all dieses hätte noch kommen können. Und dann sicher als so eine Art Kippschalter-Effekt: dann hätt´s Dich wirklich alles auf einmal, sich schnell signifikant verschlimmernd, mit der Wucht einer Links-Rechts-Links-Kombination getroffen. Ich weiß sogar, daß das so kommen kann, auch dazu später eine kurze Erläuterung.
Und zu der einen Veränderung, die Du erlebt hast: Du sagst der Husten hat Dich noch sechs Monate lang begleitet. Sechs Monate von zehn Jahren. Häng Dich nicht an die sechs Monate, die er noch da war, erfreu Dich doch an den neuneinhalb Jahren, die er jetzt schon weg ist. Das war´s allemal wert Haik. Ich fand den Geschmack des Auswurfs vom Raucherhusten so dermaßen abstoßend - von der bildlichen Vorstellung, was da gerade in meiner Lunge passiert, mal gar nicht zu reden. Da schüttelt mich der Ekel jetzt noch. Das nicht mehr zu haben, ist doch unbezahlbar - denkst Du nicht?
Was das Gelüst angeht, das immer mal wieder zuschlägt - da haben meine Vorredner leider recht. Das ist fest in unserem Suchtgedächtnis verankert. Bestimmte Situationen waren für uns während unserer Raucherkarriere untrennbar mit der Zigarette verbunden, und das hat sich das Suchtgedächtnis gemerkt. Wie bei jeder anderen Sucht, so bleiben auch wir süchtig, auch wenn wir es schaffen, sie Sucht in Schach zu halten (ich sag´s immer so: Jemand, der das Rauchen aufgehört hat, wird nie mehr ein Nichtraucher, sondern bleibt immer ein Raucher, der nicht mehr raucht). Ich finde es aber klasse, daß Du die Situationen ausmachen kannst, in denen Du Dich auf die Probe gestellt fühlst. Daß Du weißt, welche das sind. So kannst Du gut aufpassen, weißt, daß das nicht Dein Wunsch ist - sondern in dem Moment, in dieser Situation der Deines Suchtgedächtnisses. Aber wie Du ja siehst und auch immer wieder beweist: man schafft es ganz gut, das in Schach zu halten. Der Wunsch, das Gelüst ist völlig normal, kenne ich auch. Aber - nee, ich will nicht mehr rauchen.
Und Du - Du willst es auch nicht mehr. Denn bei allem was sich nicht verbessert hat - Du hast keine Ahnung, was für eine Keule um die Ecke auf Dich gewartet hättest, wenn Du weitergeraucht hättest. Der Husten ist abgeklungen (wann ist doch völlig egal oder?), und die Glusterer hast Du gut im Griff.
Und weil Rumo sagte, Du suchtest Erfahrungsberichte von Menschen, die noch nicht ganz Deinen Kenntnisstand haben können - Rumo entschuldige bitte, ich glaube allerdings, ich darf ihn mir anmaßen. Denn Haik, ich war schon mal 11 Jahre lang rauchfrei. Habe dann wegen eines blöden Irrglaubens ("eine tut mir nichts, ich bin schon soooooo lange rauchfrei" - pure Arroganz!!!) wieder angefangen. Und ich sag Dir drei Dinge: Erstens hab ich mich die folgenden Jahre lang nur geärgert, daß ich mir so eine lange Zeit kaputtgemacht hab, zweitens ist es mir hernach superschwer gefallen wieder aufzuhören, und drittens war es bei mir wirklich so, daß ich innerhalb kürzester Zeit jede signifikanten Verschlechterungen zu spüren bekommen habe, die mir in meiner vorangegangenen Raucherkarriere erspart geblieben waren. Der Haut haste beim Welken zuschauen können, das Geld wurde knapper (Preissteigerung gegenüber meiner ersten Raucherkarriere!), der Raucherhusten war dreimal so schlimm wie damals noch und meine Kondition konntest Du in die Tonne treten (bloß mittlerweile hatte ich Kinder, die die Mama zum Fußballspielen herausfordern - wenn Du dann nach zwei Schritten Herzstechen bekommst, ist es etwas blöd). Panik bei jedem Herzrumpler, nachts Angst wenn die Luft wegbleibt... Also komm, mach den Fehler nicht wie ich. Gib nichts auf die Gelüste, die sind eben da, ignoriere sie. Wenn Du Dich jetzt fragst, warum Du rauchfrei bleiben solltest, schau Dir an wie mies es mir nach dem erneuten Anfangen plötzlich ging, ich bin fast geneigt zu befürchten, bei Dir wäre es genauso - jetzt, 10 Jahre älter.
Hey - 10 Jahre rauchfrei sind der Hammer. Genial! Mach daß es 20, 30,... Jahre werden. Besser ist das! (Und tausendmal besser als der Mist den ich gemacht hab - heute weiß ich es! Vielleicht möchtest Du ja von meiner Erfahrung profitieren, sodaß sie Dir erspart bleibt? Da hast Du nämlich nicht wirklich Lust drauf, glaubs mir...) Viele Grüße sendet Dir
Lydia