30.04.2017
20:03 Uhr
Hi Detlef,
also erstmal gratuliere ich Dir zu 90 Tagen in Freiheit - eine Hammerleistung. Ich hab auch gesehen, daß Dein Umfeld raucht - dann nochmal meinen Respekt obendrauf. Belohne Dich doch erstmal angemessen, was hältst Du davon? Hält die Laune und die Motivation oben.
Ich habe Dich zwar noch nicht in Deinem Wohnzimmer besucht, habe jedoch gerade in einem anderen gesehen, daß Du gerade am Kämpfen bist. Da wollte ich doch mal schnell gucken ob ich nicht kurz beistehen kann. Und Du scheinst mir etwas überrascht, daß es Dich jetzt, mit 90 Tagen, gerade ereilt.
Aber weißt: dieser Wahnsinn hat Methode. Allen Carr hat die drei Ausstiegsphasen drei Tage - drei Wochen- drei Monate definiert. Und tatsächlich erleben manche Aufhörer bei dem Meilenstein um die drei Monate rum nochmals heftige Schmachtattacken. Und zwar auch Aufhörer, in deren Umfeld nicht geraucht wird. Die angenommenen Ursachen hierfür sind mannigfaltig:
Eine Theorie besagt, daß jetzt ein Abfallprodukt beim Nikotinabbau, das sogenannte Nornikotin abgebaut wird, welches eine "Haltbarkeit" von eben drei Monaten hat (die Existenz von Nornikotin ist nachgewiesen; die These, daß es nach drei Monaten Schmacht verursacht, wird diskutiert, doch ich will die Möglichkeit nicht von der Hand weisen, wäre es doch eine probate Erklärung für das gehäufte Auftreten von Verlangen nach drei bis vier Monaten...). Eine andere Idee ist, daß es sich hierbei um ein letzmaliges, dafür umso hartnäckigeres Auftreten der psychischen Abhängikeit handelt - auch das könnte ich mir vorstellen, denn: genau das habe ich selbst erlebt.
Wie Dich jetzt, so trafen mich vier Monate nach dem Rauchstopp extrem anstrengende Schmachtzustände. Und wie Du, war ich kurz davor, meinen Rückfall zu nehmen (das war sogar meine genaue Formulierung hier im Forum). Und was habe ich gelitten, gejammert, gehadert und geschmachtet. Deshalb, weil ich genau weiß, was Dich gerade umtreibt, leide ich gerade so richtig mit Dir mit. Es tut mir leid, daß Du jetzt nochmal so heimgesucht wirst Detlef.
Doch die gute Nachricht ist: Es geht vorbei. Egal was "es" Dir erzählt: mir suggerierte dieses Verlangen damals, es würde mich niemals in Ruhe lassen, so lange ich lebe. Es würde niemals enden. Ich würde niemals meinen Frieden haben. Aber weißt Du was passiert ist? Eines Morgens wachte ich auf und es war weg. Ich hörte tief in mich hinein, aber da war kein Verlangen mehr. Es war wie ein Neuanfang.
Auch andere Aufhörer, die durch diese "Drei-Monats-Krise" mußten (denn so selten ist die gar nicht, Du bist nicht allein!), haben beschrieben, daß es ihnen danach nachhaltig besser ging. Vielleicht ist es auch mal ein schrittweises Abklingen und nicht wie bei mir ein Ende mit Donnerschlag, aber allen ist gemeinsam, daß es vorbeigeht. Und das weiß ich deswegen so genau, weil ich es erlebt habe.
Also Detlef, dieser Zustand ist bestimmt gerade unangenehm und nervig, vor allem weil es doch schon so lang gut ging jetzt - aber leider noch im Rahmen normaler Parameter. Bitte bitte laß Dich hiervon nicht ins Bockshorn jagen. Lenke Dich ab wie am Anfang, mach eine Atemübung, man schafft das - Du schaffst das! Und komm gern jederzeit her und schreib Dir die Schmacht von der Seele. Das ist nicht Schwäche - das ist Abhilfe.
Ich wünsch Dir morgen einen schönen Tag! Ganz viel Biss und Optimismus sendet Dir
Lydia