Grüß Dich Espresso,
beim Wieder-Einmal-Durchs-Forum-Schleichen hat mich folgende Einlassung von Dir quasi angesprungen:
[quote="Espresso"]
Was merkwürdig ist:
Ich habe mal eine Stunde, in der ich stolzer Nichtraucher bin und denke, das das jetzt für immer so ist und es fühlt sich soooo gut an.
Dann habe ich kurze Momente, die ich schnell vertreibe, in denen ich einfach nur wieder rauchen will.
Ich habe Angst, dass das Verlangen stärker werden könnte, oder dass es zeigt, dass ich versagen werden.
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Nein das ist überhaupt nicht merkwürdig Espresso. Das erleben ganz viele hier, ich kenne es selbst. Unverwundbar in einem Moment, fest überzeugt, die Sucht bereits jetzt besiegt zu haben - und im nächsten zwickt Dich so ein kleiner fieser Zwerg, befiehlt Dir zu rauchen, und Du fühlst Dich klein und unfähig, der Schmacht die Stirn zu bieten. Furchtbar diese Achterbahnfahrt, anstrengend! Es tut mir leid, daß Du Dich damit auseinandersetzen mußt.
Es mag Dir vielleicht helfen, immer nur den laufenden Schmachter auszusitzen. Gar nicht an die nächste Zeit, den nächsten Tag, den nächsten Schmachter zu denken, denn der ist noch nicht hier. Vielleicht hilft Dir die Denkweise, daß Du nur eine Zigarette nicht rauchen solltest - nämlich die, nach der Du jetzt im Moment verlangst. Alles was danach kommt oder auch nicht, ist doch noch nicht relevant. Nur jetzt möchtest Du nicht rauchen - das ist doch wohl mach- und überschaubar, denkst Du nicht? Oder nur heute wirst Du nicht rauchen. Das ist ein Tag, das ist zu bewältigen, stimmt`s? So hangelst Du Dich von Tag zu Tag und die Zeit arbeitet für Dich. So überwindest Du auch die Angst, daß das Verlangen irgendwann stärker werden könnte, denn selbst wenn - egal, Du hast Dir ja nur vorgenommen, jetzt, heute nicht zu rauchen! Und morgen oder irgendwann ist schließlich noch nicht dran. Gehe immer nur den momentanen Schritt Espresso, das reicht vollauf. Nein danke, ich werde jetzt nicht rauchen!
Aber über allem steht für mich, daß ein Ausrutscher oder Rückfall kein Versagen ist. Das ist auch schon oft gesagt und geschrieben worden, aber ich möchte es auch nochmals betonen. Es ist nicht Dir geschuldet, es ist kein Defizit von Dir, wenn Du die Sucht betreffend ausrutschst. Nicht Deine Schuld, kein Versagen. Es ist die Macht und die Gemeinheit der Sucht, die uns während der Entwöhnung glauben läßt, ohne sie ginge es nicht. Und wir müssen diese Gemeinheit erst kennen lernen, um ihr die Stirn bieten zu können. Somit sollte ein eventueller Rückfall oder Ausrutscher nicht als Versagen, sondern als Erfahrung mit in den Rauchfreiweg eingebaut werden: Was genau ist da nochmal passiert, was mich zur Zigarette greifen ließ? In welcher Situation ist das passiert, und wie habe ich mich dabei gefühlt? Und am wichtigsten: wie fange ich diese Situation und Gefühlslage beim nächsten Eintreten ab, ohne zu rauchen? Was kann ich statt dessen machen, was hilft mir statt dessen?
Es ist schon richtig, der Rauchausstieg ist ein großes Stück weit Kopfsache - aber nicht so, wie diese Aussage gemeinhin verstanden wird, so im Sinne von Willen und Sturheit und Konsequenz und Kopf-durch-die-Wand und so. Das ist schon wieder eine sehr harte Auslegung, die schon mal ängstigen kann. Und was macht ein verängstigter Raucher, um zu kompensieren? Richtig, rauchen. Besser ist es, seinen Kopf auf den Sinn des Rauchstopps zu lenken, Erfahrungen zu nutzen und eine Denkweisen zu entwickeln, die Dich mit dem Rauchstopp und seinen Widrigkeiten versöhnen. Ist erfolgversprechender, als sich mit Härte und Termini wie "versagen" zu geißeln.
Deine Uhr zeigt heute Tag 8, damit bist Du schon wieder eine Woche ohne! Gerade die erste Zeit ist anstrengend, deshalb heute ein besonders donnerndes "Gut gemacht!" für Dich. Womit könntest Du Dich heute für die Erstürmung der zweiten Woche belohnen? Tu Dir etwas gutes, das hast Du Dir verdient.
Ich wünsche Dir jetzt einen gelungenen Rauchfrei-Tag (heute rauchen wir nicht - Deal?) und schicke Dir wie immer eine Extraportion Power und Optimismus. Viele Grüße sendet Dir
Lydia