Liebe Miezhaus, liebe Lydia,
ich glaube, ich bleibe lieber beim 6. Mai als Jahrestag meiner Rauchfreiheit. Den hatte ich auch im Fokus - dass es wegen des Schalttags schon einen Tag vorher 2 x 365 Tage waren, hab ich ganz übersehen.
Ich stimme dir zu, ich bin unglaublich froh darüber, es geschafft zu haben, in die Freiheit zu kommen. Und nein, ich vergesse ganz bestimmt nicht, wie schlimm es für mich war. Ich habe dank des Forums und des Austausches mit euch viel über die unterschiedlichen Typen des Rauchentzugs gelernt. Ich gehöre zu denen mit Neigung zu Depression - und da kann die Sucht ganz gehörige Dramen vorgaukeln, die einem das Leben nicht mehr lebenswert erscheinen lassen.
Mein Leben war über einige Strecken echt nur verrückt, damals. Es ist mir einfach nur bescheuert schlecht gegangen. So bescheuert, dass ich phasenweise auch schon ein wenig drüber lachen konnte. Aber ganz oft war es einfach nur sehr, sehr schwer auszuhalten.
Gar nicht so sehr das nicht rauchen an sich - der direkte Druck ist nach ein paar Tagen ja schon recht abgeschwächt. Aber diese ganzen Dramen, die mir die Sucht vorgespielt hat. Diese ganze "nie wieder" und "ab jetzt für immer" Getue.
Ich wundere mich echt, dass ich es geschafft habe, das durchzustehen. Es gab viele Anläufe vorher - irgendwann bin ich aber da immer wieder zurückgekippt, weil es den Anschein hatte, ich könne es nicht aushalten. "Es ist immer etwas schlimmes passiert, wenn ich aufhören wollte zu rauchen", das war eine Aussage von mir, die ich jahrelang tatsächlich geglaubt habe. Auf nachfragen, was das schlimme den jeweils gewesen ist, hätte ich nicht mehr antworten können. Meist waren es wohl nur selbstinszenierte Dramen, die etwas tatsächliches im aussen hernehmen und auf überdimensionale Größe aufblasen.
Das kann das Ego ja generell gut, so selbstinszenierte Dramen aufzuführen. Da bin ich bis heute damit beschäftigt, damit aufzuhören. Das rauchen ist ja zumindest mal noch ein klar erkennbares Muster, eine klar erkennbare Handlungen. Aber es gibt ganz perfide Möglichkeiten, wie das Ego dran arbeitet, negative Energie zu sammeln und sie dann konzentriert gegen dich selber einzusetzen.
Das rauchen war in der Form, wie ich es betrieben habe, ganz klar ein guter Motor zum sammeln negativer Energie. Am besten hat es "geschmeckt", wenn ich dabei so richtig vor Selbstmitleid zerflossen bin.
Brrrr, das will ich nie wieder. Selbstmitleid ist ohnehin für den Hugo. Wenn man es schafft, die selbstinszenierten Dramen aufzugeben, ist es oft ziemlich überraschend, festzustellen, wie gut es einem eigentlich geht.
Was ich natürlich auch nicht vergesse, ist der Grund, warum ich es bei diesem Anlauf geschafft habe. Der wesentlichste Unterschied war dieses Forum hier, bei dem ich mich im Gegensatz zu allgemeiner Literatur zu dem Thema tatsächlich ganz persönlich wiedergefunden habe.
Ich habe ein paar Wochen lang quasi andauernd im Forum gelesen. Alle aktuellen Geschichten, so einige alten Geschichten hab ich von Anfang an durchgelesen. Habe so einige Aufruhre und Streitigkeiten im Forum miterlebt, in regelmäßigen Abständen. Und hab sehr viel gelernt, vom offenen Austausch miteinander.
Und irgendwie ist es dann Tag für Tag immer weitergegangen. Ich habe mir immer gesagt, ich dürfe alles ausser rauchen. Mit dem Ziel, dass wieder ein Tag vorbei ist. Und mit dem Wissen, dass jeder Tag mich weiter weg von der Sucht bringt.
Jetzt, zwei Jahre später, kann ich nur sagen, was ich hier schon sehr oft gesagt habe: Ich bin wahnsinnig froh, dass ich aus diesem Käfig der Sucht ausgebrochen bin. Das Leben in Freiheit hat auch seine Herausforderungen, aber es ist unvergleichlich viel schöner. Bunter, vielfältiger, freier. Entspannter.
Danke, liebe Lydia, dass du an meinen Jahrestag gedacht hast. Ich finde es bewundernswert, dass du nach wie vor so einen aktiven Beitrag hier leistet. Ich lese natürlich immer wieder mit, leide z. B. mit Mäggi mit. Ich schaue darauf, dass ich nicht vergesse, wie es war, dass ich nicht leichtsinnig werde.
Und ihr, liebe Neuausteigerinnen und Neuaussteiger: Bleibt dran, es zahlt sich aus, unbedingt. :-)