27.01.2024
06:56 Uhr
[b]Samstag, 27.01.2024, Tag 53[/b]
[b]Rückspiegel[/b
Ich erinnere mich gut an mein ersten Rauchstopp-Versuch nach meiner Managerzeit.
Ich war in Westaustralien und hatte so eine neuartige „Dampfer-Zigarette“ dabei (ist heute so nicht mehr auf dem Markt). Ich wollte mit Ihrer Hilfe die Nikotindosierung Schritt für Schritt reduzieren. Außerdem ist Tabak in Australien sehr teuer. Dementsprechend sieht man kaum Raucher in Australien.
Doch eine eiserne Lady gab es: mich! Dieses Dampfer-Zigarettenteil war einfach zu schwach und so kaufte ich mir zähneknirschend mehrfach ein Mini-kleines Päckchen Tabak für zarte 30 Australische Dollar (20 €uro). Aber was soll´s?
Dann ein halbes Jahr später:
die Frau eines Bekannten, schon immer rauchend, wollte mit Selbigem aufhören und kaufte sich einen einfachen Dampfer. Das Ding haute richtig „Wolken raus“ und ich probierte es bei einem gemeinsamen Abendessen.
Es war anders als Zigaretten, aber es gab mir etwas, von dem ich mir vorstellen konnte, dass es geeignet sei die Nikotindosierung langsam zu reduzieren, bei gewohntem Ritual.
Und so kaufte ich mir einen „dampfenden Drachen“ und eröffnete meine eigene Drogenküche:
Bewaffnet mit Spritzen und Kanülen wurde das Rauchgebräu mit Tabak- oder Melonengeschmack unter Zugabe von genau berechneten Nikotindosierungen zusammengemischt.
Und: ich bekam noch einen „medizinischen Extraschubs für mein Dampferprojekt“:
Ich entwickelte – wie aus dem Nichts – an den Augeninnenwinkeln sogenannte Xanthelasmen. Nicht groß, aber für mich gut sichtbar und interpretierbar: eine Cholesterineinlagerung in die Haut, die zeigt, dass individuell zu viel davon im Blut vorhanden ist, so dass es eingelagert wird. Ich wurde in zweifacher Hinsicht aktiv:
(1) Termin beim Hautarzt, um die Teile weglasern zu lassen.
(2) Termin beim Kardiologen zum Herz- und Gefäßcheck
Ersteres war kein Problem, letzteres schon:
die sogenannte Gefäßinnenwanddicke war erstmalig in meinem Leben erhöht, was auf eine beginnende Arthereosklerose hindeutet. Mangender Östrogenschutz ab 50 Jahren lässt grüßen und rauchende Frauen holen hier im Turbotempo schön auf die Testosteron-geschädigten Männer auf. Super!
Und so begann ich Tabletten zum Gefäßschutz zu nehmen und wusste: Tabletten nehmen und weiter rauchen – das wäre pervers. Und so begann ich ernsthaft zu dampfen, d.h. Zigaretten durch Dampfen mit Nikotin zu ersetzen.
Und ich nahm es sehr ernst:
jetzt hing ich 24/7 an diesem Teil – kein Gestank und so kann man überall rauchen – und reduzierte gaaaaaaaanz langsam die Nikotindosierung. Ich hatte ja panische Angst vor den Entzugserscheinungen, wenn mein kleiner Freund Nikotin nicht mehr an meiner Seite wäre.
Und so hangelte ich mich ein Jahr dahin (ungelogen) … bis schließlich nur noch minimale Mengen Nikotin in der Dampferflüssigkeit enthalten waren (ursprünglich 20 mg – zuletzt 0,01 mg). Ich freute mich darüber. Was mich allerdings vollkommen irritierte, war, dass ich nach wie vor eindeutige Suchtmomente hatte.
Ich erinnere mich zum Beispiel ganz genau an einen Moment. Ich hielt ein Seminar, die Teilnehmer waren ätzend und endlich näherte sich die erste Pause. Ich spürte eindeutig einen körperlich wie geistigen Impuls, der mir sagte: Geh jetzt sofort raus und steckt dir den Dampfer in den Mund, sonst flippst du aus! Gedacht – getan, ich dampfte und sofort ging es mir besser!
Ich blickte nicht mehr durch. Was war das?
Ich hatte mein Nikotin im Zeitlupentempo ausgeschlichen.
Die Nikotin-Rezeptoren (nikotinerge Acetylcholinrezeptoren), die bei Rauchern massiv erhöht sind, um dann bei Wegfall der Substanz zu Entzugssymptomen zu führen, müssten längst auf ein Normalmaß reduziert sein. Wie kann ich da so auf Entzug sein?
Und: Die Freundin mit dem Verdampfer hatte zwischenzeitlich aufgehört.
(Bemerkung: sie hatte ca. 8 Wochen nach ihrem Umstieg auf Dampfen allerdings eine (motivierende) Krebsdiagnose erhalten und was ich im Folgenden überhört habe, war ihre einmalige (!) Aussage „Manchmal habe ich totale Lust eine Zigarette zu rauchen.“)
Und jetzt machte ich den Kapitalfehler schlecht hin:
ich entschied, ich sei super süchtig nach Nikotin, eine Suchtpersönlichkeit, u.a. genetisch! Selbst eine Nikotinreduktion über ein Jahr auf praktisch 0 erzeugt bei mir noch Entzugssymptome!
Dass das der größte Fehlschluss meines Lebens war, wurde mir erst später bewusst. Doch damals kannte ich nur die Wirkung von Nikotin an Nikotin-Rezeptoren des Belohnungszentrums, die dort einen „Kick“ im Gehirn erzeugen.
Ich war so verwirrt von diesem Erlebnis, dass ich erstmal weiterdampfte und schließlich griff ich aus der berühmten Dummheit heraus (= Erlaubnis gebender Gedanke) – wieder zu einer angebotenen Zigarette.
Und so nahm das Drama langsam, aber sicher wieder seinen Lauf und ich rauchte wieder „Kippen“.
Gaaaanz toll. Wolltest du nicht aufhören?
Liebe Grüße und[b] Stay Sisu[/b]