Hallo Andrea,
die vergangene Nacht zählte zu meinen Tiefpunkten seit 6Tagen. Die Atemnot nimmt massiv zu, statt ab. Falsche Richtung!
Nicht schlafen können setzt in mir häufig Kreativität frei. Es vermittelt mir in Selbstreflexion Wege, Lösungen, Strategien, deren Existenz schlafend an mir vorbeigezogen wären.. Aber dazu später mehr...
Einmal mehr danke ich dir von Herzen für deine Anteilnahme und für deine lieben Worte. In den ungefähren 6 Monaten unserer Communityzeit bist du mir zu einer der wichtigsten Ratgeberinnen erwachsen, bis hierhin würde ich alle deinen Beiträge mit dem Prädikat "Besonders wervoll" auszeichnen. Dich zu einer Freundin zu haben, muss ein ganz großes Geschenk sein.
In meinem "Monster in mir"-Thread habe ich offenbar falsche Fährten gelegt-anders kann ich mir deine GuteNachtNachricht nicht erklären. Deshalb hier für dich, für alle (die's inzeressiert) meine "Gegendarstellung":
"So hart sich das anhört, ich hoffe, sie packt die Kurve und muß nicht deinen Weg gehen."
So hart sich das Anhört, ich wünsche deiner Freundin, große Teile genau meines Weges zu gehen. Erkrankungen, auch schwerwiegende wie eine Lungenentzündung, sind behandelbar, heilbar. Ich wünsche ihr sehr, dass sie wieder vollständig gesund zurück ins Leben findet. Vielleicht war diese Grenzerfahrung für sie der letzte Funke, um ihrer Nikotinsucht die Stirn bieten zu können. Bei mir war dieser "Point of no return" nach der 4. Lungenentzündung innerhalb von 3 Jahren erreicht.
Es überwältigt einen eine so gigantische Endorphinwelle, ein Kraftgewinn, eine Lebensfreude, sobald die schlimmsten Momente überstanden sind, dass die (noch gewohnte) Zigarette sooo nah ist. Viel zu oft bin ich in genau diesen Momenten immer und immer wieder rückfällig geworden. Wird deine Freundin sich diesen Teil meines Weges ersparen können? Wie schätzt du sie ein?
"Gibt es winzig kleine Lichtblicke in deinem jetzigen Leben?"
Mein Leben ist ein, von Licht durchflutetes, helles und wärmendes Geschenk-möglichweise einer "höheren Macht". Warum?
Als junger, 23-jähriger Mann fuhr ich abends auf einem Motorrad durch die Straße. Mein Freund vorne, ich hintendrauf, es regnete. Als die Straße scharf nach rechts führte, fuhr er geradeaus, 80 km/h. gegen einen Steinstapel am Straßenrand.
Beim Anprall blieb er mit den Beinen am Lenker hängen, riss sich beide Oberschenkelarterien auf, war sofort tot. Er wurde 18 Jahre alt.
Sein Rücken diente mir als Rampe, als Katapult. Ich schoss über ihn hinweg, flog, prallte gegen einen Baum... und habe es überlebt. 4 Tage Koma, 18 Brüche, aber, verdammt, ich habe es überlebt. Lange, lange im Rollstuhl, endlose REHA's, Nachoperationen, wieder Rollstuhl, REHA-heute lebe ich ein normalgesundes Leben mit nur geringsten Beeinträchtigungen.
Als unser erstes Baby starb, vor 20 Jahren, gerade 12 Wochen alt, ging das nächste tiefschwarze Loch in meinem Leben auf. So tief und so schwarz, mit keinem Schmerz, den ich je zuvor erlebt hatte, vergleichbar. Auch jetzt, beim berichten, weine ich, denke immer noch viel an meine Kleine. Ich habe ein "Sternenkind."
Und ich habe es überlebt. Eine Psychotherapie, 6 Monaten stationär, hat mich zurück ins Leben geführt.
Ungefähr ein Jahr später nimmt sich meine Frau das Leben. Schwerverletzt überlebt sie knapp, wird 14 Monate mit Psychotherapie in ihr Leben zurück geführt. Sie hat unseren Verlust verarbeiten können.
25 Jahre "tanzen" wir nun gemeinsam durch unser Leben. Ganz oft, ganz leichtfüssig wie 2 Gazellen, manches Mal wie die zwei großen Tiere mit dem langen Rüssel. Und wir haben es überlebt. Diese kluge, warmherzige, äußerst attraktive Frau ist "meine". Wir können, wir wollen nie wieder ohne einander. Sie ist es, die mir Mut macht, die ich lachen mache, die mich zur Weißglut treiben kann, die so oft und immer wieder mein Herz erreicht, ein ganz besonderer Mensch, der wervollste Mensch in meinem Leben.
Ja, Andrea, mein Leben ist voll des Lichts. Und: Ja, ein abendliches Fläschchen Bier macht weiterhin halbwegs gutes Einschlafen möglich. Und Ohropax.
Ich habe Bock aufs Leben, man könnte fast sagen "Doppelbock". Dieses Zimmer hier hat nur 3 Wände. Die 4. ist eine Glasfront, durch die die Sonne strahlt, von 8-16 Uhr. Vorgestern, gestern und den Rest dieser Woche auch noch. Toll, einfach TOLL...
Meine Aufbaudiät trägt erste Früchte, ein langer Prozess, der Kontinuität erfordert. Und Zeit. Die habe ich.
Ich habe lernen müssen, das Leid der anderen von meinem Leben zu abstrahieren. Mich erreichen diese Emotionen, diese Hoffnungslosigkeiten, dieser Schmerz. Aber es ist nicht Meins!! Über meine (Raucher-)Krankeit musste ich viel lernen. Inzwischen bin ich der Experte, die studierten Damen und Herren in weiß sind die Fachleute.
Das ist das Ergebnis dieaer letzten, schlaflosen Nacht mit meiner Erkenntnis, jetzt zu wissen, welche Form der Therapie wir gehen werden, damit ich schnell -ohne Zeitdruck - wieder auf den Beinen bin. Selten habe ich mich so sehr auf eine ärztliche Visite, wie heute vormittag, gefreut. Bei dieser (nicht nur bei dieser?) Erkrankung bist du ohne Selbstmanagement verloren.
Eines muß ich dir aber noch gestehen: Abends, im Bett, denke ich an so vieles. Nicht an Andrea.... :wink:
Weder meine Finger, noch mein Hirn sind krank (manche behaupten anderes), deshalb freue ich mich total auf den chat morgen. Vermutlich beim Fläschken Bier...
Einen sonnigen Tag für dich
Love
Meikel