Liebes Tagebuch,
mein Schwager ist vorgestern gestorben*.
Seine Krebsdiagnose am 01.03.2021 hat mich dazu bewogen, die scheiß Raucherei sein zu lassen, völlig unvorbereitet, einfach weil der richtige Zeitpunkt mir mit nem großen Hammer voll in die Fresse gehauen hat. Ich saß da, den Schock der Diagnose (natürlich) bei einer Zigarette verdauend, und den hämmernden Gedanken an den "richtigen Zeitpunkt" vorsichtig in meine Realität lassend. Eine ganze Zigarette lang. Dann hab ich sie ausgedrückt und dachte, ich versuch's einfach mal, ich habe ja nichts zu verlieren. Ich war schon länger unglücklicher Raucher.
Heute weiß ich, dass neben der ganzen Unsicherheit und Aufgeregtheit auch ein bisschen Erleichterung dabei war, dass der richtige Zeitpunkt - endlich! - gekommen war. Die Hürden schienen mir vorher zu hoch um einfach "grundlos" aufzuhören. Vor allem weil mein Mann weiter raucht, und in einer Wohnung ohne Balkon geht das ja gar nicht, dass einer aufhört und der andere nicht. Außerdem würden mich doch alle fragen, ob ich schwanger bin, wenn ich eingefleischte Raucherin plötzlich nicht mehr rauche, wie unangenehm! Zusätzlich zum eigentlichen Aufhören, das bei 20-30 Zigaretten pro Tag eh schon kein Zuckerschlecken wird.
Auch wenn es irgendwie verschroben klingt... Es fühlt sich ein bisschen so an, als hätte mein Schwager mir den Zugang zur Rauchfreiheit geschenkt. Durch die ganzen Tiefs bin ich natürlich alleine durch, klar, aber den Stein des Anstoßes hat er bzw. seine Krankheit und die Umstände der Diagnose gegeben.
Ich möchte auch für ihn rauchfrei bleiben. Damit sein Geschenk nicht umsonst war.
* Von Beileidsbekundungen bitte ich abzusehen. Ich weiß, dass dieses Forum voll von wahnsinnig empathischen Menschen ist, und ich schätze euch alle und die Gemeinschaft hier sehr. Bitte habt Verständnis dafür, dass mich Beileidsbekundungen im Moment eher überfordern würden.