Ihr Lieben,
heute ist es mal wieder an der Zeit zurück zu blicken. Nicht wehmütig, sondern freudig auf die Wegstrecke, die wir schon zurückgelegt haben. Bei "K." hab ich gerade schon einmal gerechnet:
40 Tage = 960 Stunden = 57600 Minuten = 3,46 Millionen Sekunden Rauchfrei! :P:P:P
Und wie war das vor 40 Tagen? Die Unsicherheit, ob ich den ersten Tag rauchfrei überstehen würde war allgegenwärtig. Ich hatte ja meinem Körper wieder über Jahre beigebracht, dass nach spätestens 1,5 - 2 Stunden die nächste Portion Gift fällig war. Bei Langeweile und Stress, bei Hunger oder Völlegefühl... Eintrainiert, was da zu tun ist. Inhalieren. Bei Wind und Wetter. Und wenn dann noch Alkohol dazu kam, war die Hemmschwelle noch niedriger und kein Weg, egal zu welcher Uhrzeit, zu weit zum Automaten. Er :evil: hatte die volle Kontrolle und ich spielte mit. Auch wenn ich mich selbst dafür gehasst habe, mich dafür verachtet habe. Aber der Ausstieg erschien zu schwer. Die Anst vor dem, was da kommen mag war zu groß. Auch wenn ich es doch besser hätte wissen sollen. Ich hatte es ja schon einmal geschafft. 6 Jahre lang. Bis der Schlendrian Einzug hielt und "Nur Eine" so "gefahrlos" wirkte. Das weiß ich jetzt aber besser. Die "Eine" gibt es nicht. Die "Eine" würde :evil: wieder erwecken und mir alles das wiederbringen, was ich nicht mehr haben möchte. Mich wieder zum willenlosen Sklaven degradieren. Sicherlich gibt es immer wieder Momente, in denen ich mich an die Giftrollen zurück erinnere. Aber all denen, die noch vor dem Ausstieg stehen oder denen, die gerade die ersten Stunden geschafft haben sei gesagt: Es lohnt sich!!! Ganz bestimmt! Und diese "Erinnerungen" sind nicht zu vergleichen mit den Schmachtern der ersten Stunden und Tage. Es sind Erinnerungen, die aus dem Nichts auftauchen und so schnell wieder verschwinden wie sie gekommen sind. Auch wenn sie länger verweilen, sind sie gut zu bewältigen. Man hat mit jedem Tag immer mehr Argumente dafür nicht mehr zuzugreifen. Und auch wenn es bezogen auf die Zeit des Rauchens heute "Erst" 40 Tage sind, erschien mir an den Tagen "vor" dem Ausstieg die Zahl 40 unerreichbar. 1,5 Stunden "Ohne" war doch schon lange. Mehrere Stunden bereits eine Qual und Tage? Wochen? Unvorstellbar. Es war Gaaanz weit weg. Und heute? Heute sind es 40 Tage. Und gerade deshalb sind es heute "schon" 40 Tage. 960 Stunden nicht geraucht. In meinem Fall sind das über 400 Zigaretten, die nicht in Form von giftigem Qualm meine Lungen verstopft haben und meinen Körper vergiftet haben. 960 Stunden, in denen mein Körper bereits anfangen hat, sich zu erholen. 57600 Minuten und jede davon lässt das Selbstwertgefühl wieder genesen. Eine wunderbare Zeit, die mir persönlich wieder vieles zurückgebracht hat, was ich verloren hatte. Einiges davon war mir bewusst, dass ich es verloren hatte und ich vermisste es als Süchtiger. Andere Dinge, hatte ich verloren und es war mir (leider) garnicht so bewusst. Doch auch diese Dinge kommen Stück für Stück zurück und überraschen mich dann umso mehr.
Was mir noch auffällt ist die Wahrnehmung des Umfeldes. Ich fahre zur Arbeit und sehe Rauch aus einem Auto aufsteigen. Ich schaue hinein und überlege, ob die Person im Auto "Genuss" erfährt. Wir haben das Rauchen doch so "genossen". Die Giftlunte hat uns doch so "geschmeckt". Doch die Person im Auto sieht garnicht glücklich aus. Das Gesicht ist faltig und vom Rauchen gezeichnet. So hättest Du in einigen Jahren wohl auch ausgesehen. So wirst Du in einigen Jahren aussehen, wenn Du wieder anfängst... Die Ampel springt auf grün und ich fahre weiter. Die Gedanken verschwinden. Die Situation ist vorbei...
An einem anderen Tag sehe ich eine Gruppe im Biergarten. 4 Frauen, 2 davon Raucherinnen. Auch Ihnen sieht man den jahrelangen Konsum bereits an. Zum Glas Wein gehört für Sie auch die Zigarette. Wie auch bei mir. Nur ich rauche nicht. Ich "entbehre" noch etwas. So flüstert es mir gerade jemand ins Ohr. Aber tue ich das wirklich? Ich sitze hier und trinke absichtlich eine Saftschorle. Den Wein oder das Bier „verkneife“ ich mir eigentlich gar nicht. Ich hätte jetzt ehrlich gesagt gar keine Lust darauf, aber die Verknüpfung Biergarten – Bier – Zigarette scheint im Kopf noch so stark. Ich beobachte die Raucherinnen und es fällt mir auf, dass auch Sie nicht wirklich glücklich wirken, wenn Sie inhalieren und abaschen. Die Eine drückt die Kippe im Aschenbecher aus und sie will nicht ausgehen. Sie fummelt im Aschenbecher um die immer noch glimmende Kippe wieder zu ergreifen und stampft sie mehrfach ohne Erfolg aus, bis es Ihr endlich gelingt. Die Fingerspitzen sind schwarz und sie verzieht das Gesicht, schnuppert daran. Kein wirklicher Ausdruck von Glück. Der Andere scheint der Geschmack des Qualms im Mund nicht zu schmecken. Wem von uns hat es „geschmeckt“? Sie spült den Geschmack immer wieder mit Wein hinunter. Raucht die Zigaretten auch nur bis zur Hälfte. Aber ohne sind die Finger nicht beschäftigt, sie greift relativ schnell wieder zur nächsten. Was sich hier nach endloser Beobachtung anhört spielt sich in der Realität in Sekunden ab. Als Raucher hätte man die Situation genauso „gesehen“ aber anders wahrgenommen. Man hätte sich keine Gedanken dazu gemacht. Als (werdender) Nicht-(mehr)-Raucher aber vergleicht das Gehirn mit der eigenen Situation. Was sehe ich? Hat der Raucher etwas was ich „entbehre“? Offen gesagt: Nein. Objektiv finde ich für jeden vermeintlichen Vorteil mindestens einen definitiven Nachteil. Ich könnte jetzt trauern, dass er/sie eine Beschäftigung hat. Eine Beschäftigung? Im Biergarten? Ja sag mal. Wenn mir hier langweilig ist, dann steh ich auf und gehe! Ich mach dann einfach etwas was mir Spaß macht. Jetzt hab ich ja die Zeit und auch wieder die Lust dazu! Und Genuss? Nee. Den hatte ich vorher auch nicht. Ich hatte das „Gefühl“ die Zigarette zu genießen, weil ich süchtig nach dem Nikotin war.
Mal zurückdenken an die erste Zigarette überhaupt. Also die wirklich ALLERERSTE. Hat die geschmeckt? Hab ich die „genossen“? NEIN. Sie war so, wie eine Zigarette tatsächlich ist. Bei der Allerersten Zigarette im Leben zeigt diese Ihr wahres Gesicht. Der Qualm schmeckt widerlich. Das Inhalieren führt sofort zum Hustenanfall und der Kreislauf sagt: Sag mal spinnst Du??? Wer besonders viel Glück hat, bekommt auch noch nen Dünnen. Aber mit viel Hartnäckigkeit und Übung schaffen wir es doch unseren Körper so zu trainieren, dass wir den Rauch inhalieren können. Aber „Glücksgefühle“ verspüren wir immer noch nicht. Und dann kommt der Moment, indem unser Köper die Zigarette fordert. Wir rauchen und das Gefühl jetzt „Eine“ Rauchen zu wollen verschwindet. Die Sucht hat uns in den Fängen. Eigentlich schon länger, aber jetzt zeigt sie sich. Wir rauchen, weil wir süchtig geworden sind. Der „Genuss“ den wir nun verspüren ist in Wirklichkeit die Befriedigung der Sucht, die kurzfristige Beseitigung des Entzugs. Geschmack hat sie immer noch nicht. Hab selten einen Raucher gesehen, der sich die Rauch- und Nikotingeschwängerten Finger nach dem Ausdrücken der Zigarette abgeleckt hat, weil der „Geschmack“ der Kippe so toll war.
Und auch, wenn alles so klar und einfach erscheint, ist der Weg auf dem wir uns hier befinden ein Weg auf dem man immer wachsam sein muss. Er hier :evil: lauert immer im Gebüsch und wartet auf den Moment der Unachtsamkeit. Auch wenn wir mit jedem Tag trittsicherer werden, dürfen wir niemals übermütig werden. Darüber müssen wir uns als „Nicht-mehr-Raucher“ bewusst sein. Aber ehrlich: Um in dem Bild mit dem Weg zu bleiben: „Es ist ein schöner Weg, den es sich zu gehen lohnt!“
LG und bis Neulich,
Samsy
:tanzendepinguine: