28. Mai: Das Wetter in 14 Tagen

Sie kennen das vermutlich auch: Die Steuererklärung müsste schon längst fertig sein, aber immer kommt etwas dazwischen. Mal ist es die spannende neue Serie, ein anderes Mal das Telefonat mit dem besten Freund. Auch die neuen Jogging-Schuhe müssten endlich mal eingelaufen werden, aber hat die Wetter-App nicht eine Regenwahrscheinlichkeit von über 50 Prozent angezeigt? Außerdem ist es doch gerade so gemütlich zu Hause.

Es ließen sich noch viele solcher Beispiele finden, die alle zeigen: Wir lassen uns oft von dem leiten, was unmittelbares Wohlbefinden verspricht. Eine Belohnung dagegen, die weiter in der Zukunft liegt – wie zum Beispiel das gute Gefühl, die Steuererklärung abgeschlossen zu haben oder der Glücksrausch nach dem Laufen – „zieht“ uns dagegen oft nicht so sehr, wie wir es gerne hätten. Wir müssen mehr Energie dafür aufwenden und öfters müssen wir uns sogar richtig zusammenreißen, um in die Gänge zu kommen.

Raucherinnen und Raucher kennen das natürlich auch. Der sofortige Effekt des Rauchens, der kleine Kick im Belohnungssystem des Gehirns, steuert das Verhalten mehr als die Vorzüge des Rauchstopps, die sich erst nach und nach einstellen: mehr Ausdauer oder das eingesparte Zigarettengeld etwa.

Bei der gegenwärtigen Corona-Pandemie haben wir es auch mit einer verzögerten Auswirkung unseres Verhaltens zu tun. Wir spüren diese Auswirkung – in diesem Fall als Gesellschaft – mit einer Verzögerung von ungefähr zwei Wochen: Wenn sich möglichst alle an die Abstands- und Hygieneregeln halten, wirkt sich das auf die Neuansteckungszahlen aus: Sie gehen nach unten. Wir investieren also jetzt – zum Beispiel Energie, Anstrengung und auch Verzicht – um in naher Zukunft davon zu profitieren.

Der Vergleich mit der Wettervorhersage, der in den vergangenen Wochen in den Medien immer wieder auftauchte, ist hilfreich, um diesen Zusammenhang bewusst zu machen: Stellen Sie sich also vor, Sie könnten beeinflussen, wie das Wetter in zwei Wochen wird. Als Kind haben Sie vielleicht auch den Spruch gehört: „Wenn du deinen Teller leer isst, wird morgen das Wetter gut“. Irgendwann hat man den Trick durchschaut, aber stellen wir uns für einen Moment vor, unser Verhalten heute könnte tatsächlich das Wetter, in diesem Fall in zwei Wochen, beeinflussen. Wir würden sicherlich einiges tun, um in 14 Tagen die Sonne genießen zu können, zu verheißungsvoll ist diese Aussicht. Und jetzt tauschen Sie die sonnigen Aussichten einmal mit dem Bild einer flachen Ansteckungskurve aus. Nur noch wenige Menschen stecken sich neu an, demzufolge erkranken auch weniger und die Neuansteckungen können dadurch gut zurückverfolgt werden. Dadurch können wiederum neue Freiheiten geschaffen oder abgesichert werden. Erst recht lohnenswert, diese Aussicht, oder?

Die aktuelle Corona-Pandemie kann unseren Blick dafür schärfen, dass unser Verhalten von heute unsere Gesundheit von morgen maßgeblich mitbestimmt und es sich lohnt, den „sofortigen Kick“ zurückzustellen. Das gilt zumindest für alle Gesundheitsthemen, die etwas mit unserem Lebensstil zu tun haben, zum Beispiel Ernährung, Alkoholkonsum und das Rauchen.

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