[SIZE=2][b]Tag 166 Sonntag[/b][/SIZE]
[b]Der Rückfall I[/b]
Es waren ungefähr 3,5 Jahre. Keine Zigarette, kein Joint und überhaupt kein Tabak.
Ein paar Kilo mehr, aber auch das war schon wieder auf dem Rückzug. Mir ging es gut.
Zuvor:
Meine Stamm Marken waren amerikanische Zigaretten ohne Filter.
Deutsche durften es auch sein. Die Packung war rot,
oder hatte ein höckeriges Tier aufgedruckt.
Ich hatte mit Pfeife und Zigarren experimentiert.
Das war toll, hatte aber eine gewisse Atemnot zur Folge.
Also blieb ich bei der Zigarette.
Ah, Joints gabs auch. Gut, irgendwann dachte ich ist gut jetzt.
Ich wollte nicht mehr rauchen. Also hörte ich auf.
Viele meiner Kollegen rauchten wie verrückt, aber nicht alle.
An die hielt ich mich. Ich fing an mit Marzipanbrot meine Sucht zu bekämpfen.
Ich nahm tüchtig zu, aber es war mir egal.
Schon nach wenigen Wochen wurde mir schlecht,
wénn ich nur daran dachte in sowas reinzubeißen.
Ich buchte für eine Woche ein Hotel in Amsterdam
und packte einen dicken Klumpen Haschisch ein.
Was ich da machte, war Eulen nach Athen tragen.
Aber ich hatte mir etwas dabei gedacht.
Gerade angekommen, besuchte ich einen ganz bestimmten Ort.
Die Leidsegracht. Wie viele Nächte hatte ich dort verbracht.
Wie viele Konzerte erlebt und wie viele Menschen kennengelernt.
Und vor Allem, wie viel wurde da gekifft.
Dort zog es mich wieder hin. Es war noch ein bisschen so, wie ich es kannte.
Es gibt da eine Brücke, von der warf ich mein ganzes Kifferzeug in die Gracht.
Es war wie eine Beerdigung. Eine Zeremonie, ein Abschied.
WoW ..... das wars. Weg mit dem Scheiß. Kein Tabak, kein Dope.
Es war eine große Erleichterung.
Ich ging spazieren, suchte mir ein gutes Restaurant aus und genoss den Abend.
Wieder zu Hause ging das Leben weiter.
Ich wechselte den Job und landete in einer Kiffer und Kokser Hölle.
Das wars dann. Nach besagten 3,5 Jahren gings es wieder los.
Kiffen und Rauchen. Und zwar diesmal so richtig.
Hausdealer, 30 Kippen am Tag und noch gesoffen dazu.
WoW, das hat richtig geknallt.
Ich kann mich an eine Nacht erinnern, es war Sommer.
Ich war zu Hause und in der Glotze lief irgendein bekloppter Western.
Ich war gut bekifft und sah wie die harten Jungs in der Bar dauernd Whisky soffen.
Ha, das kann ich auch, dachte ich, holte eine Flasche
und prostete den Cowboys in der Bar zu.
Irgendwann war der Film zu Ende und meine Flasche leer.
Ich legte eine Schallplatte auf. Es waren Gedichte.
Romantische Gedichte. Es war Sommer,
4 Uhr morgens die Fenster waren offen und ich dreht meine Anlage auf.
Plötzlich hörte ich Stimmen vor meinem Fenster.
Eine kleine Gemeinde Nachtschwärmer stand vor meinem Fenster und lauschte.
Am Ende applaudierten und johlten die da unten und ich fiel ins Koma.
Dieses Leben hatte Folgen. Kiffen wurde mein Ding.
Es wurde immer mehr und noch mehr.
Koks interessierte mich zum Glück nicht.
Das hatte Folgen. Mir gings oft so richtig Scheiße.
Handfeste Depressionen gabs zum Dessert.
Eines Abends sass ich in meiner Stammkneipe und trank ein Bier.
Neben mir saß eine Gruppe Kiffer, die andächtig einen Joint nach dem anderen rauchten.
Plötzlich Unruh am Tisch.
Wo ist das Dope?
Nervöse Blicke.
Es war doch eben noch hier gelegen?
Die Blicke kreisten, auch unter dem Tisch.
Aha!
Der arme Hund wurde hervor gezerrt.
Alle waren sich einig.....der war es!
Was tun?
Das Dope war in dem Hund....er hatte es gefressen!
Es wurde hin und her diskutiert.
Bis dann einer dem Hund ein Stück Holz in den Mund (das Maul) schob.
Der Hund reagierte so, wie wir das auch gemacht hätten.
Alles was er am Tag gegessen hatte ergoß sich auf den Boden.
Darin wurde dann eifrig das Haschisch gesucht.
Ohne Erfolg.
Eine halbe Stunde später war die Gruppe hoffnungslos zerstriteen.
Mir war klar, ich muss damit aufhören, So wollte ich nicht enden.
Ich suchte und fand eine Therapie.
Nebenbei bekam ich Ärger in meinem Job.
Also ich hätte ihn behalten können, aber ich wollte nicht mehr.
Ich hörte auf mit dieser schwachsinnigen Kifferei und erholte mich langsam.
Eine Zeitlang nannte man sowas Burn Out.
Die Adelung der Fleissigen.
Wer sowas nicht hatte, der gibt nicht alles. Der ist nicht loyal.
Wer in Berlin keine Allergie, keinen Burnout
und oder keine Sonstwas Unverträglichkeit hatte war einfach nicht wichtig.
Ein genialer Eiskonditor in meiner Strasse machte pleite,
weil er auf glutenfreien Kuchen setzte.
Er war dafür in der Presse und wurde im Lokal TV gelobt.
Ein Verein der Allergiker traf sich einmal im Monat in seinem Cafe.
Aber sonst wollte niemand das Zeugs essen.
Zigaretten blieben und der Alkohol blieb ein erträglicher Begleiter.
Ab und zu ein Bier, oder zwei. Das wars.
Ich suchte mir andere Beschäftigungen, lernte viele neue Dinge
und fing an damit wieder Geld zu verdienen.
Meine Tabak - Nikotin Sucht bestand dann bis vor ein paar Jahren.
So etwa ein Paket Zigaretten am Tag.
Die Steigerung auf 2 Pakete (ca 40 Zigaretten am Tag) kam mit Covid
und dem damit verbundenen Home Office.
Das war natürlich verführerisch.
Arbeiten und am Platz rauchen.
Es wurde immer mehr und immer schlimmer.
Ich dachte über das Aufhören nach.
Aber ich sagte mir.... wenn ich aufhöre habe ich wochenlang schlechte Laune.
Und das geht nicht. Das kann ich mir nicht erlauben.
Ich arbeite doch mit Menschen.
Die kann ich doch nicht anranzen oder anschreien.
Das geht mal gar nicht. Aufhören....neee....vergiss es!
Jetzt denke ich oft, ich war wie die Katholiken.
Die haben immer gesagt, das die Erde im Zentrum ist.
Alle, die es besser wussten wurden verbannt oder verbrannt.
Die Wahrheit ist den Menschen immer unerträglich und fremd.
Wir glauben immer das was wir kennen und gelernt haben.
Auch wenn es falsch ist.
Sogar wenn wir es wissen. Das ist nun wirklich verrückt.
Wir wissen etwas sicher und glauben es trotzdem nicht.
Es hat sich bis heute nichts geändert.