[b]Tag 148 Mittwoch[/b]
Heute sowas wie Tagesgedanken
[b]Sucht, Scham und Gesellschaft[/b]
Gründe für ein schlechtes Gewissen gibt es genug.
Wenn wir süchtig sind, werden wir krank
und die Gesellschaft muss für die Kosten unserer Gesundung aufkommen.
Das führt oft zur Stigmatisierung der Süchtigen.
Die liegen uns nur auf der Tasche.
Die lügen und klauen nur.
Die werden eh wieder rückfällig.
Die Suchtkranken werden als asozial betrachtet.
In der Weimarer Republik wurde Wohlfahrtspflege betrieben.
Es gab Versuche diese Erkrankungen zu heilen
und die Betroffenen zu resozialisieren.
Die Nationalsozialisten sahen das völlig anders.
Sucht war immer auf defektes Erbgut zurückzuführen,
damit nicht heilbar und auch schädlich für eine gesunde Gesellschaft.
Asoziale und damit auch Suchtkranke wurden aussortiert und getötet.
Hier ein Zitat aus einem wiss. Text für den Bundestag
„Asoziale“ im Nationalsozialismus
[externer Link vom rauchfrei-Team entfernt]
Die Liste, derer die damals als asozial betrachtet wurden ist interessant:
[i]- Wohnungslose,
- Bettler,
- Landstreicher („Wanderer“) bzw. „Zigeuner“,
- Prostituierte,
- Alkoholiker („Trunksüchtige“),
- Suchtkranke,
- Personen mit ansteckenden Krankheiten, insbesondere Geschlechtskrankheiten, „die sich den Maßnahmen der Gesundheitsbehörden entziehen“,
- „Arbeitsscheue“ bzw. „Arbeitsverweigerer“, „die sich der Pflicht zur Arbeit entziehen und die Sorge für ihren Unterhalt der Allgemeinheit überlassen“,
- Gelegenheitsarbeiter; -
Fürsorgeempfänger (Empfänger von Sozialleistungen),
- Zuhälter
- Sinti und Roma,
- Juden,
- politisch Verfolgte,
- Homosexuelle,
- säumige Unterhaltspflichtige (und deren Familienangehörige),
- Arbeiter in der Kriegswirtschaft, denen ungenügende Arbeitsleistung und häufige Fehlzeiten am Arbeitsplatz vorgeworfen wurde,
- Personen, die „fortgesetzt mit Strafgesetzen, der Polizei oder den Behörden in Konflikt geraten“ sind,
- in prekären wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen lebende und / oder auf Unterstützungsleistungen angewiesene Großfamilien, die „eine Belastung für die Volksgemeinschaft“ darstellen
- Personen, die „besonders unwirtschaftlich und hemmungslos sind und mangels Verantwortungsbewusstseins weder einen geordneten Haushalt zu führen noch Kinder zu brauchbaren Volksgenossen zu erziehen vermögen“,
- Personen und Familien ohne „geordnete“ Haushaltsführung,
- Personen, die „durch einen unsittlichen Lebenswandel“ auffallen, z.B. sexuell unangepasst lebende junge Frauen,
- alleinstehende Frauen mit unehelichen Kindern.
[/i]
Spannend oder?
In unserem jetzigen System haben sich zum Glück einige Dinge geändert.
Vor allem töten wir niemanden mehr.
Verachten und stigmatisieren tun wir aber immer noch.
Es hat sich nicht alles geändert.
Auch heute finden sich viele darunter,
die immer noch stigmatisiert werden.
Auch die Süchtigen.
In Berlin zum Beispiel ist das Geschrei immer dann laut,
wenn auf den Straßen und Plätzen Junkies und Alkoholiker auftauchen.
*Die müssen da weg* heißt es dann unisono.
Aber nicht nur Suchtkranke, auch Sinti und Roma und noch viele andere aus dieser Liste können da viel berichten.
Wir sind Suchtkranke und
hatten uns dem Tabak und dem Nikotin hingegeben.
Wir sind süchtig geworden.
Auch da heißt es oft,
wenn dann einer von uns an Lungenkrebs oder COPD erkrankt.
Tja, das hat er / sie doch gewusst.
Das weiß doch jeder / jede.
Jetzt wochenlange Therapie, Ärzte , Reha .... was das alles kostet.
Und hilft ja doch nix.
Das gleiche bei Alkohol.
Und oft ist das sogar verständlich.
Wenn mir einer vor 30 Jahren erzählt hätte ich solle aufhören zu rauchen.
Naja, ich hätte gesagt .... Das ist mein Leben und dich geht das nichts an!
Wenn ich dann doch Krebs bekäme,
würde ich das vermutlich anders sehen.
Also schämen wir uns zu Recht?
Ja und Nein.
Ja, weil es stimmt.
Wir sind für die Gesellschaft ein teurer Spaß.
Wegen uns sind vielleicht die Klos in den Schulen kaputt.
Oder die Bundeswehr hat zu wenig Panzer.
Nein, weil Sucht eine Krankheit ist.
Eine Krankheit wie jede andere.
Wenn jemand Krebs wegen des Feinstaubs bekommt,
dann wir der auch behandelt.
Der muss sich ja auch nicht schämen, weil er selber ein Auto hat.
Mein Fazit für heute:
Wenn ihr suchtkrank seid, dann raucht und sauft mit Überzeugung.
Wenn ihr es nicht mehr sein wollt,
hört auf damit und nehmt die Hilfe in Anspruch, die uns allen geboten wird.