29.01.2017
21:04 Uhr
Hallo und guten Abend alle zusammen,
zuallererst möchte ich euch allen danken für euren Zuspruch und eure Worte. In den kommenden Tagen werde ich mich noch bei euch allen persönlich melden, teilweise, weil da oder dort angebracht, via PN, anderenfalls in den mir von euch bekannten Wohnzimmern. Zu meiner augenblicklichen Situation, und damit meine ich exakt jetzt die Zeit, während der ich hier sitze und dies schreibe, kann ich folgendes sagen, das wichtigste zuerst: ich bin nach wie vor rauchfrei. Jede gerauchte Zigarette wäre bei dem gesundheitlichen Problem, auf das ich gleich näher eingehe, sowas, aber sowas von kontraproduktiv gewesen wäre, das jedweder verständige Mensch nur zu einem Schluß kommen kann:
[b][u][color=red][size=2]FINGER WEG von dem giftigen Scheiß[/size][/color][/u][/b]
Wie ihr seht, habe ich heute, dem Anlass und der Bedeutung für mich entsprechend das Wort Scheiß bewusst ausgeschrieben, passiert selten bei mir, heute muss es mal sein.
Was war passiert:
Als ich heute morgen aufwachte, bemerkte ich die Veränderung, oberhalb des linksseitigen Knöchels innen am Fuß. Zur Erinnerung, das linke Bein ist das, was mittels Stents seit den Eingriffen wieder mit Blut versorgt ist. Schon weit früher, etwa Mitte März des vergangenen Jahres bemerkte ich innen eine Veränderung der Haut, sie würde bräunlich, ich hielt es damals für das, was ich von meinem Vater kannte, auch der litt relativ früh schon unter dem, was man Altersflecken nennt. Also eine zwar nicht gerade hübsch aussehende, aber relativ harmlose Erscheinung.
Seit genauer Beobachtung des Beins durch meine Ärztin, wohl aber auch durch mich weiß ich mittlerweile schon seit den Eingriffen, dass es keine Altersflecken sind, sondern die Veränderung der Haut hervorgerufen durch die Unterversorgung in der Zeit bis zu den Eingriffen. Die klare bekannte Diagnose heißt "Ulcus cruris arteriosum", auch bekannt unter dem irreführenden Namen offenes Bein. Und meins ging gestern Nacht erstmalig an einer kleinen Stelle auf.
Bei der Ärztin muss morgen nicht diagnostiziert werden. Bei der Ärztin muss morgen ein klarer Fahrplan für die Therapie festgelegt werden mit allen dazu gehörenden und allen die Heilung fördernden Maßnahmen.
Nicht zu Rauchen ist die erste und wichtigste, aus zwei Gründen. Irgendwo verdanke ich der verf:|:|:|ten Raucherei diese Schwierigkeit, nicht ausschließlich, aber die Raucherei hatte eine Teilschuld. Der zweite und wichtigere Grund ist, das Rauchen die Heilung der Haut beeinträchtigt, und das in gehörigem Maße. Ihr selbst könnt oft genug an euch selbst im Spiegel die Veränderungen im Gesicht feststellen, seit ihr nicht mehr raucht.
Die nächste Maßnahme ist klart das präzise Halten des Normalgewichts, was ich schon seit einiger Zeit erreicht habe. Die Diät, von der ich dachte, dass ich sie in naher Zukunft mit dem Frühjahr und soliden Chancen auf mehr Bewegung etwas lockern könnte, bleibt so straff wie sie zur Zeit ist, nach wie vor 50% meines täglichen Gesamtbedarfs. Die Schraube darf um nicht mal eine Achtelumdrehung gelockert werden.
Für jemand wie mich, der Koch als Wunsch- und Traumberuf hatte, für jemand wie mich der viel Zeit und Geld in diesen Beruf investiert hat, weil Essen für mich eine Sinnesfreude ist, ist das eine sehr harte Nuss. Versetzt euch bitte in meine Situation, stellt euch vor, wie es ist, Stullen abzuwiegen, Salamischeiben abzuwiegen, euch zu verdammen, weil ihr im Supermarkt mal wieder nicht aufgepasst habt und die Doppelrahmstufe statt der Rahmstufe beim Frischkäse gegriffen habt.
Verflucht, ich habe es gelernt, Ochsenzunge in Madeira mit frischen Champignons und Mandeltraubenreis zuzubereiten, ich habe es gelernt, ein Entrecôte auf Berner Art mit Pommes Dauphine oder Pommes Berny zuzubereiten, Toast Mozart und und und ..... Ich habe eine gestandene niederöstereichische Wirtsfrau bildlich gesprochen auf Knien rutschend angefleht für [b]ihr[/b] Rezept von Liptauer (Hommage an NÖ, ins Pielachtal, somit i-wo auch Referenz an Wolfgang), weil der auf der Zunge schmolz wie flüssiges Gold. Ich würde gern mal wieder ein Schäufele essen, mit selbstgerollten Schupfnudeln, zum Nachtisch ein kleines Stück Linzer Torte.
Essen war bei uns in unserer Familie nie pure Nahrungsaufnahme. Essen war schon für meine Mutter Lust., wie ich eben selbst sagte, ganzheitliche Sinnesfreude, weil ein toll angerichtetes Essen die Nase, die Augen und den Geschmack anspricht. Könnt ihr mir nun folgen, wie hart es ist, weiter jedes Gramm abwiegen zu müssen und ca. drei Viertel aller früher oft und gerne genutzten Zutaten und Zubereitungsweisen wie beispielsweise Butter, Brandteig, Mehlschwitze etc etc etc verdammen zu müssen und des Hauses bzw der Küche zu verweisen?
Eingedenk der Tatsache das mein Ulcus nun seit gestern Nacht erstmalig offen ist, fällt der nächste Punkt Lebensqualität im Leben weg, das Tauchen. Denn mit offener Wunde am Bein tauchen, soviel muss euch selbst als Nichttauchern klar sein, geht nicht, geht gar nicht. Meine erst jüngst erneuerte Tauchtauglichkeitsuntersuchung beim Arzt ist so hinfällig wie die dafür gezahlten 120 Euro. Eventuell, mit etwas Glück, kann ich mich in drei bis sechs Monaten mit weiteren 120 Euro erneut zur Tauchtauglichkeitsuntersuchung vorstellen.
Was bleibt ist der Zwang zur täglichen Bewegung, egal wie Scheiße das Wetter auch ist, ob ich nun frei habe oder nicht, ich muss mich bewegen, ich muss gehen, wenigstens drei bis sechs Kilometer pro Tag. Mal einen Tag ausspannen, mal einen Schlechtwettertag einfach zu Hause bleiben und sich drinnen mit was auch immer, Fotos, einem Buch, schöner Musik beschäftigen, ist nicht mehr. Und ein Gang sollte es Minimum sein, zwei sind besser. Ich bewege mich ja auf der Arbeit nicht genug :bang: Nun muss ich auch an freien Tagen ein tägliches Pensum laufen, ob ich will oder nicht.
So sitze ich nun hier, die Aussichten sind ..... bescheiden .... in jeder Ecke, egal in welche ich schaue, ein Zwang. Der Zwang Medikamente (Blutgerinnungshemmer) einzunehmen, der Diät zu halten, der nicht mehr zu rauchen (mit dem kann ich gut leben), ab morgen mit Sicherheit auch der Zwank der Kompression des Beins mittels Pütterverband bzw. ATS Strümpfen, der mich zu bewegen und wenns draußen Bullenklöten regnet, egal, bewegen, der nicht zu Tauchen, meine Ärztin wird morgen im Logbuch meine Tauchtauglichkeit widerrufen.
Meine Gedankenwelt an Zigaretten habe ich heute vom Schlaf ausblenden lassen. Abgesehen von einem etwa 2,6 Kilometer langen Spaziergang, den ich eigentlich länger machen wollte, habe ich das Haus nicht verlassen. Ursprünglich hatte ich mir heute, schon alleine des schönen Wetters wegen 6 Kilometer verordnet. Aber nach den Einflüsterungen des Rauchteufels dachte ich "Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, fahr mal lieber mit dem Omnibus bis zur Endhaltestelle Baumschulenstraße/Fähre". So konnte ich alle Spätkaufläden und Tabakkioske sicher umschiffen. Die ganze Baumschulenstraße mit allen einschlägigen Läden abzulaufen erschien mir heute zu gefährlich bei mir.
Am Ufer der Spree, links die Spree, rechts der Plänterwald, war es dann schön und ich konnte langsam Frieden machen mit meiner Situation und beginnen, mich geistig auf den Kampf einzustellen. Ich konnte Fotos machen, konnte erneut Vögel "schießen" mit meiner Kamera und war willens bis zum Hafen Treptower Park zu laufen. Ich hätte es gerne getan, und es wäre toll geworden. Hätte, wäre, wenn nicht .... zu allem aufaddierend der Reisverschluß meiner Hose auf halber Strecke seinen geist aufgegeben hätte. Kurz vor der Insel der Jugend hieß es daher: Ende Gelände, ab ins Taxi, Jacke über dem Arm haltend wie wenn es mir schon zu warm wäre.
Den Rest des Tages habe ich meine Suchteinflüsterungen verschlafen mit hoch gelegtem Bein, um die ödematösen Schwellungen durch hochlagern des Beins zu verringern. Es hat geklappt, der Rauchteufel hatte schon auf Höhe des Eierhäuschens im Plänterwald verspielt, und er wird weiter verspielt haben, so wahr mir ... wer auch immer ... helfe.
So kann das Leben sein, ich mache mal langsam Schluss mit einem Tatsachenbericht der etwas anderen Art.
Ich danke euch für eure Antreilnahme, ich wünsche euch, dass ihr euch solchen Mist bei Zeiten vom Leibe haltet.
Habt eine gute neue Woche, in aller erster Linie rauchfrei, nur das ist es, was wirklich hilft.
Es grüßt Daniel aus dem Plänterwald