Mein liebes Rauchfreitagebuch,
jetzt ist bald ein Jahr um. Am 12. Februar 2018 habe ich gegen 23 Uhr genüsslich meine letzte Zigarette geraucht. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Vielleicht ahnte ich schon, dass es ein ganz besonderer Moment sein wird. Es war mein Startschuss in eine ungewisse Zukunft - rauchtechnisch gesehen.
Alles musste perfekt sein. Ich brauchte die Gewissheit des Ungestörtseins, es war etwas intimes, etwas, was nur mich angeht. Die letzte Zigarette musste perfekt gedreht sein. Der richtige Zeitpunkt war gewählt. Ich wollte würdigend Abschied nehmen, Abschied von einer fast 26 jährigen, nahezu innigen Verbundenheit zum Tabak. Ich habe drei Fotos gemacht; eins von der letzten, perfekt gedrehten Zigarette, eins von der halb abgebrannten Zigarette in meiner Hand und eins von der ausgedrückten Zigarette im Ascher. Das wars.
Für Anfang Februar war es draussen, temperaturtechnsch gesehen, aushaltbar. Und so konnte ich nach dem letzten Zug noch einige Zeit auf der Terrasse entspannt sitzen bleiben und nachspüren. Zum Beispiel kostete ich diesen ekligen Geschmack im Mund voll aus. Das Rauschen in den Ohren, das Kratzen im Rachen, die gereizte Lunge - alles wurde von meinem inneren Mikroskop auf das kleinste wahrnemerisch seziert. Und auch dieses Zufriedenheitsgefühl, welches sich nun mal beim Rauchen einer Zigarette einstellt, schenkte ich meine Aufmerksamkeit. Und so erlebte ich noch einmal, diesmal aber ganz bewusst, wie schnell flüchtig dieses Gefühl ist und sogleich durch ein Neues abgelöst wird, jenes, das nach der nächsten Zigarette schreit. In meiner Wahrnehmung wurde mir so noch einmal die ganze Macht der Fremdbestimmtheit auf meiner inneren Leinwand vorgeführt.
Bei fast jedem Schmachter, den ich in den Tagen, Wochen und Monaten darauf gespürt habe, habe ich mich oft an diese letzte Zigarette erinnert. Diese letzte Zigarette war die beste Zigarette meines Lebens.
Ich freute mich jetzt fast unbändig auf das, was nun kommen sollte. Und hatte noch keine Ahnung, was nach dieser Abschiedszeremonie bei mir im Leben passieren wird.
Jetzt, nach fast einem ganzen Jahr der Abstinenz ist es eigentlich immer noch unbeschreiblich, so immens faccetenreich sind die Veränderungen. Viele sind mir erst nur durch dieses Forum hier bewusst geworden, und ich bin enorm dankbar für all diese Erfahrungen die ich hier machen konnte, für den Austausch hier, für die Hilfe, den Spass, die ernsten und die humorvollen "Gespräche"...
Eigentlich immer wieder interessant, hier in meinem Rauchfreitagebuch zu schreiben. Meine ursprüngliche Intention war eine andere und ist jetzt nicht mehr wichtig. Ist okay.
@Alma: Du hast mich inspiriert für den obigen Text, Danke. Ja, es fühlt sich echt richtig richtig toll an.
@Paul: Ich bin ja auch Optimist (Technik hier) aber Dein: :riesengrinser: sagt mir auch, dass Du auch Realist bist. Wir ähneln uns schon ein wenig, habe ich ja schon mal gesagt... Zum Rest: Bei Dir in Deiner guten Stube.
@Maja007 oder doch lieber Marion - ich kann mich gar nicht recht entscheiden... Aber Maja007 finde ich schon echt originell. Tiefe, dunkel verstellte Stimme sagt: "Mein Name ist Maja, einfach nur Maja und ich habe die Lizenz zum Summen". Ich könnte mich weglachen. Schön, dass Du hier bist.
@Stefanie: "Kästner und der kleine Dienstag", ja Du hast Recht, das gibt es. Kästner freundet sich mit einem kleinen Jungen Namens Hans an. Die blühende Fantasie des Jungen ist Kästner beim Schreiben neuer Geschichten nützlich. Aber durch die Nationalsozialisten muss Kästner um sein Leben fürchten. Um den Jungen nicht zu gefährden, beendet er den Kontakt mit einer Lüge. Später treffen sich die beiden wieder... Nun, Gott sei Dank müssen wir uns nicht belügen. Nur wer ist jetzt der kleine Dienstag? Ich, weil es mein 'Wochentag' ist, oder Du, weil Du so eine treue Freundin bist? Lassen wir das lieber. Und ich denke wir sind uns beide Inspiration genug. Vielmehr möchte ich Dir Danke sagen für Deinen Besuch und Deine lieben Wünsche. Pass auf Dich auf. Ich bin auch ein wenig angeschlagen. Ist halt die Zeit... Ich komme Dich auf jeden Fall noch besuchen.
@Hans: Lieben Dank auch Dir für Deine lieben Worte. Mein Schiff ist gefühlt in einem sicheren Hafen, auch Dank Dir - einem solch wunderbaren Leuchtturm (wenn ich das Mal so sagen darf :wink: )
Alles Liebe
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